Überraschend wenig Neuaufträge

Rückgang von 1,0 Prozent - Schwache Nachfrage aus dem Euroraum - Orderplus im Inland

Überraschend wenig Neuaufträge

Die deutsche Industrie hat im November vor allem wegen der geringeren Nachfrage aus der Eurozone ein unerwartet kräftiges Auftragsminus verzeichnet. Ökonomen sehen dies als Beleg dafür, dass es dem verarbeitenden Gewerbe schwerfällt, wieder Fahrt aufzunehmen – am Aufschwung zweifeln sie aber nicht.ba Frankfurt – Im November waren vor allem in den Ländern des Euroraums Produkte “Made in Germany” wenig gefragt, so dass der Orderrückgang für die deutsche Industrie deutlich kräftiger ausgefallen ist, als ohnehin prognostiziert worden war. Saison-, kalender- und preisbereinigt fiel der Ordereingang um 1,0 % zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Zudem wurde der Anstieg von Oktober um 0,1 Punkte auf 0,2 % nach unten revidiert. Im Jahresvergleich gingen die Bestellungen um 4,3 % zurück.Ökonomen hatten für November zwar ein Orderminus von nur 0,1 % nach drei Zuwächsen in Folge erwartet, sehen die deutsche Wirtschaft aber dennoch weiter auf Kurs. Und auch das Bundeswirtschaftsministerium erwartet mit Blick auf den hohen Auftragsbestand, “dass die Industriekonjunktur, wenn auch mit verhaltener Dynamik, wieder etwas Fahrt aufnimmt”. Zudem sei der Wirtschaftsbereich Kfz/Kfz-Teile bei der Bewältigung der WLTP-Problematik vorangekommen – im November habe es ein spürbares Auftragsplus von 4,5 % gegeben. Bei der Umstellung auf das Zulassungsverfahren nach dem seit 1. September in der EU geltenden neuen Fahrzyklus für Pkw (WLTP) war es zu temporären Engpässen gekommen, so dass die Produktion teils erheblich gedrosselt worden war. Erholung im AutosektorDen Orderzuwachs in der Automobilindustrie bezeichnete Commerzbank-Volkswirt Marco Wagner als “gute Nachricht”. Und auch der Rückgang der Bestellungen aus den Ländern der Eurozone sei “nur auf den ersten Blick erschreckend”. Nach einem Zuwachs von 7,4% im Oktober waren die Aufträge im November um 11,6% zurückgegangen. Wagner sieht darin “hauptsächlich eine Korrektur der sehr starken Auftragseingänge aus der Luft- und Raumfahrtindustrie im Oktober”. Deshalb sei dies keine Hiobsbotschaft für die deutsche Industrie, zumal die Aufträge aus dem Inland mit 2,4 % und dem außereuropäischen Ausland mit 2,3 % recht ordentlich gestiegen seien.Carsten Brzeski, Chefvolkswirt von ING Deutschland, verweist darauf, dass der Auftragsrückgang trotz der aktuellen Daten in der zweiten Jahreshälfte scheinbar ein Ende gefunden habe: Während im ersten Halbjahr 2018 der Auftragseingang durchschnittlich jeden Monat um 1,2 % im Monatsvergleich gesunken sei, sei er seitdem durchschnittlich um 0,2 % im Monat gestiegen. Mit Blick auf die ebenfalls gestern veröffentlichten Einzelhandelsumsätze (siehe Bericht auf dieser Seite), die das neunte Wachstumsjahr in Folge andeuten, sei für jeden etwas dabei gewesen: Pessimisten sähen angesichts der Auftragsrückgänge ihre Einschätzung eines länger dauernden Rückgangs der Industrie gestützt, während den Optimisten die gestiegenen Einzelhandelsumsätze als Beleg für eine solide Inlandsnachfrage dienten, die den Weg für eine wirtschaftliche Erholung bereite. Allerdings seien beide Größen sehr volatil, so dass in einzelne Monatsdaten nicht zu viel hineininterpretiert werden solle. Großaufträge durchschnittlichEin Grund für die Schwankungsanfälligkeit sind die Großaufträge, die laut Wirtschaftsministerium im November “in etwa durchschnittlich” ausgefallen waren. Bleiben diese außen vor, sind die Bestellungen um 0,8 % zurückgegangen. Im Zweimonatsvergleich Oktober/November gegenüber August/September ergab sich ein Orderminus von 0,3 %. Die Neuaufträge der Monate Oktober/November lagen um etwa ein halbes Prozent über dem durchschnittlichen Niveau des dritten Quartals. Laut Destatis gab es einzig bei den Investitionsgütern einen Orderzuwachs (+1,4 %), wohingegen es im Bereich der Vorleistungsgüter ein Minus von 4,4 % und im Bereich der Konsumgüter von 3,2 % gab.Interessant wird der Auftragseingang mit Blick auf die Industrieproduktion am heutigen Dienstag – Ökonomen erwarten ein Plus von 0,5 %.—– Wertberichtigt Seite 6