Überschuss befeuert Debatte über Konjunkturstütze

Deutscher Staat erzielt im ersten Halbjahr Plus von 45,3 Mrd. Euro - Commerzbank dämpft Hoffnungen

Überschuss befeuert Debatte über Konjunkturstütze

ms Frankfurt – Der deutsche Staat hat im ersten Halbjahr 2019 erneut einen satten Haushaltsüberschuss erzielt und steuert auch auf Jahressicht wiederum auf ein kräftiges Plus zu – was die Debatte über ein staatliches Gegensteuern gegen die Abschwächung der Konjunktur zusätzlich befeuern dürfte. Zugleich warnt die Commerzbank aber vor überzogenen Erwartungen an die Fiskalpolitik und rechnet vor, dass der Finanzpuffer des Bundes kleiner ausfällt als häufig unterstellt.In den ersten sechs Monaten des Jahres stand für Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen unter dem Strich ein Überschuss von rund 45,3 Mrd. Euro zu Buche, wie das Statische Bundesamt gestern mitteilte. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag er damit bei 2,7 %. Das Plus ist zwar geringer als das im Vorjahreszeitraum von fast 52 Mrd. Euro, aber gleichwohl der zweithöchste seit der Wiedervereinigung. Den größten Finanzierungsüberschuss erzielte laut Destatis der Bund mit 17,7 Mrd. Euro.Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen profitierten weiterhin insbesondere von der günstigen Beschäftigungsentwicklung. Dadurch legten die Einnahmen aus Sozialbeiträgen um 4,4 % zu. Das Steueraufkommen als die wichtigste Einnahmequelle des Staates wuchs mit 2,8 % moderat. Entlastet wurden die Haushalte zudem durch sinkende Zinsausgaben, die wegen des sehr niedrigen Zinsniveaus und eines geringeren Schuldenstandes um 10,8 % nachgaben. Bei einer sich weiter abschwächenden Konjunktur dürfte sich das Bild aber ändern.Die neuen Zahlen heizten dennoch die Diskussion an, ob die deutsche Regierung nicht mehr tun müsse, um die schwächelnde Konjunktur zu unterstützen. “Deutschland steht mit einem Fuß in der Rezession und Olaf Scholz schwimmt im Geld”, sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr mit Blick auf Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Er mahnte steuerliche Entlastungen an, “damit die Unternehmen neues Vertrauen fassen und in die Zukunft investieren können”. Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi forderte dagegen, die Regierung müsse die historisch niedrigen Zinsen nutzen und “dringend notwendige massive Investitionen tätigen”.Die deutsche Wirtschaft ist im Frühjahr geschrumpft und steuert auf eine Rezession zu (siehe Text oben auf dieser Seite). Die Regierung hat vor allem Forderungen nach höheren Ausgaben stets abgelehnt. Inzwischen scheint sich aber ein Umdenken abzuzeichnen. Scholz selbst hatte unlängst ein mögliches Konjunkturpaket von rund 50 Mrd. Euro ins Spiel gebracht – auch wenn er klargemacht hatte, dass das aktuell kein Thema sei.Die Volkswirte der Commerzbank aber sind der Ansicht, dass Scholz trotz der Überschüsse in den vergangenen Jahren “kaum Spielraum” hat. So sei etwa ein großer Teil des staatlichen Überschusses der vergangenen Jahre von den Ländern und den Gemeinden erzielt worden. Zudem dürfte der Bundeshaushalt schon 2019 den von der Schuldenbremse eingeräumten Spielraum weitgehend ausnutzen. Für 2020 kommt die Commerzbank nur auf einen Spielraum für diskretionäre Maßnahmen in Höhe von etwa 5 Mrd. Euro. Eine Modifikation oder eine Missachtung der Schuldenbremse würde “beträchtliche Kollateralschäden” verursachen, so die Experten.