Überraschendes Umsatzplus im deutschen Einzelhandel
ba Frankfurt
Die deutschen Einzelhändler haben im Juli trotz der geringen Kauflaune der Verbraucher wegen der hohen Inflation und der Energiekrise mehr umgesetzt. Vor allem der Internet- und Versandhandel lief besser – nachdem er im Juni noch den kräftigsten Rückgang im Jahresvergleich seit Beginn der Aufzeichnungen 1994 verzeichnet hatte.
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) erlösten die Einzelhandelsunternehmen im Juli kalender- und saisonbereinigt real (preisbereinigt) 1,9% mehr als im Vormonat. Nominal, also nicht preisbereinigt, setzten sie 2,4% mehr um. Ökonomen hatten mit einer Stagnation gerechnet. Im Jahresvergleich sanken die Erlöse real um 2,6%, wohingegen sich nominal ein Umsatzplus von 6,1% ergab. Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegelt laut den Wiesbadener Statistikern die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel wider.
Während der Lebensmittel-Einzelhandel im Juli einen realen Umsatzanstieg von 2,1% im Monatsvergleich verzeichnete und sich damit von den Rückgängen der drei Vormonate erholte, zeigte sich der Umsatz im Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln mit real +0,5% kaum verändert. Die Internet- und Versandhändler steigerten die Erlöse real um 9,2% nach −14,6% im Monat zuvor. Die Umsätze der Tankstellen stiegen um 1,3%. Im Vergleich zum Mai, dem Monat vor Einführung des Tankrabatts, waren die Erlöse 7,5% höher.
Experten erwarten allerdings, dass der gute Start ins zweite Halbjahr nur ein Strohfeuer war – denn die Inflation dürfte nun nach dem Ende von 9-Euro-Ticket und Tankrabatt wieder kräftiger zulegen. Die jüngste GfK-Umfrage hat gezeigt, dass „die Furcht vor deutlich höheren Energiekosten in den kommenden Monaten viele Haushalte zur Vorsorge“ zwingt, wie GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl erklärte. Das Verbrauchervertrauen ist derzeit so gering wie nie. „Die Freude über das überraschend gute Ergebnis dürfte nicht lange anhalten“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, zu Reuters. „Das ändert nichts daran, dass der Konsum auf dem absteigenden Ast ist.“ Den Verbrauchern drohten auch 2023 real Einkommensverluste.