Ukraine-Krieg

Ukraine dringt auf Waffen­lieferung

Die ukrainische Regierung erneuerte ihre Forderung weiterer Waffenlieferungen und kritisierte Deutschland für den fortgesetzten Kauf russischen Öls.

Ukraine dringt auf Waffen­lieferung

dpa-afx/Reuters Berlin

Der Ton aus der Ukraine gegenüber der deutschen Regierung wird ruppiger. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland wegen des weiteren Einkaufs von russischem Öl erneut scharf kritisiert. Deutschland sowie Ungarn hätten ein Embargo blockiert, sagte Selenskyj der BBC in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview-Ausschnitt. „Wir verstehen nicht, wie man mit Blut Geld verdienen kann. Leider ist es das, was einige Länder tun.“ Nun müsse mit diesen Ländern gesprochen werden, um deren Haltung zu ändern, sagte Selenskyj sieben Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte am Donnerstag erneut von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine schnelle Zusage für weitere deutsche Waffenlieferungen. „Ich hoffe, dass Scholz eine positive Entscheidung fällt“, sagte Kuleba in der ARD. Argumente gegen eine Lieferung der geforderten Waffen seien nicht stichhaltig. Aus Sicht Kulebas hätte der Krieg vermieden werden können, „wenn Deutschland früher Waffenlieferungen zugelassen hätte“. Auf die Frage, ob Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor einem geplanten Besuch in Kiew ausgeladen worden sei, äußerte sich Kuleba zurückhaltend. Er betonte, dass er das Amt des Bundespräsidenten achte. Zudem warb er für eine Normalisierung der deutsch-ukrainischen Beziehungen. Steinmeier hatte zusammen mit den Staatspräsidenten Polens, Lettlands, Litauens und Estlands in die Ukraine reisen wollen. Steinmeier sagte jedoch, das sei in Kiew nicht gewünscht. Die ukrainische Regierung lud stattdessen Bundeskanzler Scholz ein.

Die Sorge vor einem Lieferstopp russischer Energie wurde am Donnerstag von einer juristischen Analyse der EU-Kommission bestärkt. Sie kommt zu dem Schluss, dass das Eingehen auf die Forderung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, „unfreundliche Länder” sollten russisches Gas in Rubel bezahlen, ein Verstoß gegen die bestehenden Sanktionen der EU wäre. Putin hatte ge­droht, Abnehmern den Gashahn ab­zudrehen, die sich nicht an sein Dekret halten. Das Dekret ändere das Verfahren grundlegend und stelle eine neue Rechtslage her, heißt es Insidern zufolge in dem Papier der EU-Kommission, das bereits Anfang April an die EU-Mitgliedstaaten übermittelt worden war, wie Bloomberg meldet.

Angesichts der starken Abhängigkeit Deutschlands von russischer Energie sehen Ökonomen das Re­zessionsrisiko hierzulande steigen. Das vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung ermittelte Ri­siko, dass die Wirtschaft in den kommenden drei Monaten eine Rezession durchläuft, hat sich in den vergangenen Wochen fast verdreifacht: Es ist von 23,9% Anfang März auf jetzt 65,4% gestiegen. Das ist der höchste Wert seit März 2020, als in der ersten Coronawelle viele Wirtschaftsaktivitäten heruntergefahren werden mussten.

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