Geldpolitik

Umfrage nährt Zweifel an Inflations­prognosen der EZB

Das 2-Prozent-Inflationsziel der Europäischen Zentralbank ist nach Ansicht von Finanzmarktexperten bis 2024 außer Reichweite. Zu denken geben dürfte der EZB zudem ein weiterer Befund der ZEW-Umfrage.

Umfrage nährt Zweifel an Inflations­prognosen der EZB

rec/mpi Frankfurt

Finanzmarktexperten zufolge droht die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Inflationsziel bis 2024 weit zu verfehlen. Vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragte Analysten haben ihre Inflationsprognosen für die Jahre 2022 bis 2024 nochmals deutlich angehoben. Die Umfrage nährt auch Zweifel an den offiziellen Prognosen der EZB-Volkswirte: Trotz mehrmaliger Aufwärtsrevisionen ist demnach damit zu rechnen, dass die Inflation in der Eurozone bis 2024 zum EZB-Inflationsziel von 2% zurückgeht.

Die Inflation im Euroraum übertrifft seit Monaten die Erwartungen. Derzeit liegt sie bei 8,9% und somit auf dem höchsten Stand seit Einführung des Euro 1999. Der Preisdruck ist weiterhin hoch, wie der nochmalige Anstieg der Erzeugerpreise in Deutschland verdeutlicht: Laut Statistischem Bundesamt verlangten Produzenten auf den vorgelagerten Stufen im Juli 37,2% höhere Preise als vor zwölf Monaten. In Teilen dürfte dies mit Verzögerung auf die Verbraucherpreise durchschlagen.

Die EZB hat zwar mit der Abschaffung der Negativzinsen reagiert. Ihre Besorgnis scheint aber unvermindert hoch – nicht zuletzt weil es Anzeichen gibt, dass sich die Inflationserwartungen vom 2-Prozent-Ziel absetzen könnten. Die Umfrage des ZEW schürt solche Sorgen. Im laufenden Jahr erwarten die 176 befragten Finanzmarktexperten im Mittel eine Inflation von 7,5 % im Euroraum, gefolgt von 4,5 % im nächsten und 3% im übernächsten Jahr. Das ist zwischen 1,2 und 0,5 Prozentpunkten mehr als vor drei Monaten. Zum Vergleich: Die offiziellen Prognosen im Basisszenario der EZB von Juni für 2022 bis 2024 lauten auf 6,8 %, 3,5 % und 2,1 %. Maßgeblich für die Aufwärtsrevisionen sind nach Angaben der Befragten weiter steigende Energie- und Rohstoffpreise.

Zu denken geben dürfte der EZB ein weiterer Befund: Nur ein Viertel der Befragten hat ihre Inflationsprognosen aufgrund der Zinswende und der insgesamt strafferen Geldpolitik gesenkt. Die Mehrheit hält die Gangart der EZB laut ZEW dagegen nach wie vor für zu expansiv und eher inflationsfördernd. 43% der Teilnehmer haben deshalb ihre Prognosen erhöht. Für knapp ein Drittel macht die Geldpolitik der EZB in ihren Inflationsprognosen keinen Unterschied.

Aus Deutschland kommt in Sachen Inflation kaum Entwarnung. Während die Gasumlage die Inflationsrate im Herbst Richtung 10% treiben dürfte, lässt der Anstieg der Erzeugerpreise auf nach wie vor beträchtlichen Preisdruck schließen. Nachdem der Anstieg der Erzeugerpreise im Juni noch an Dynamik verloren hatte, sind die Preise der deutschen Hersteller im Juli wieder überraschend im Rekordtempo geklettert. Ökonomen hatten hingegen mit einem leichten Rückgang gerechnet. Hauptverantwortlich für den Anstieg auf 37,2% sind die Energiepreise, die auf Jahressicht um 105% anzogen.

Die Ökonomen der Commerzbank können den Daten zumindest einen Hauch Positives abgewinnen: Rechne man den nochmaligen Schub durch die Energiepreise heraus, sei die Jahresrate leicht gefallen. „Der unterliegende Preisdruck bei den Erzeugerpreisen scheint sich also allmählich abzuschwächen, ohne dass damit allerdings ein Ende der Zeit hoher Inflationsraten eingeläutet wäre“, lautet das Fazit der Commerzbank-Ökonomen.

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