Konjunktur

Umsatzsprung im US-Einzelhandel

Die unerwartete Konsumfreude schürt Konjunkturoptimismus und heizt die Debatte über den Umfang des von Präsident Joe Biden geplanten Konjunkturpakets an.

Umsatzsprung im US-Einzelhandel

det Washington

Nach einem enttäuschenden Jahresausklang hat die US-Wirtschaft im Januar Fahrt aufgenommen. Ein unerwartet starker Anstieg der Einzelhandelsumsätze weckt einerseits Hoffnungen auf eine robuste Erholung, dürfte aber auch Sorgen vor einer möglichen Überhitzung und Inflation schüren. Die jüngsten Daten werden insbesondere die Debatte über den Umfang des von Präsident Joe Biden geplanten Konjunkturpakets anheizen.

Die Industrieproduktion legte nach Angaben der US-Notenbank im Januar um 0,9% zu, was knapp unter dem im Dezember erfassten Plus von 1,3% lag. Geradezu sensationell steigerten Einzelhändler ihre Umsätze, laut Handelsministerium um 5,3%. Erwartet hatten befragte Bankvolkswirte lediglich ein Plus von etwa 1,2%. Im Vorjahresvergleich schossen die Verkaufszahlen um 7,4% hoch. Ermutigend ist der Trend nach Ansicht von Analysten insbesondere angesichts der enttäuschenden Zahlen aus dem Dezember, als das Weihnachtsgeschäft hinter den Erwartungen zurückgeblieben war.

Positiv dürften insbesondere Direktzahlungen an Haushalte in Höhe von 600 Dollar zu Buche ge­schlagen haben. Diese hatte der Kongress im Zuge des 900 Mrd. Dollar teuren Konjunkturpakets im Dezember bewilligt. „Man merkt, wie sich die Subventionen vor allem auf Bereiche auswirken, die das Home­office betreffen“, sagte Mark Zandi, Chefvolkswirt bei Moody’s Analytics. Die Umsätze im Einzelhandel legten auf breiter Front zu, von Heimelektronik über Möbel bis Schreibwaren. Auch in anderen Sektoren klingelten die Kassen, etwa im Gastgewerbe, das von der Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Umso positiver wurden die Zahlen aufgenommen, weil es sich um die ersten harten Konjunkturdaten des neuen Jahres handelte. Auftrieb wird in den kommenden Tagen daher die Debatte über den Umfang eines weiteren Konjunkturpakets erhalten, das der neue Präsident Biden ohne Zustimmung der oppositionellen Republikaner durch den Kongress bekommen will. Derzeit reist der Präsident durch den Mittleren Westen, um für sein 1,9 Bill. Dollar schweres Vorhaben zu werben. Die Republikaner kritisieren insbesondere die anvisierten Zuschüsse von 1400 Dollar an Haushalte als zu hoch. Sie verweisen auf die positiven Auswirkungen des Dezember-Pakets, das ihrer Meinung nach keiner derart umfangreichen Ergänzung bedarf.

Zuspitzen könnte sich auch die Kontroverse führender Ökonomen. Der frühere US-Finanzminister Lawrence Summers hält Bidens Paket für überdimensioniert. Der Umfang entspreche etwa dem Dreifachen der Outputlücke, die es zu schließen gilt, argumentiert Summers. Dies wiederum würde Inflationsrisiken heraufbeschwören, die seiner Ansicht nach in Washington ignoriert werden. Ganz anders schätzt der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz die Lage ein. Er beschreibt das Konjunkturgesetz angesichts der Flaute am Arbeitsmarkt und des geringeren Wirtschaftswachstums als „dringend notwendig“. Auch verweist er darauf, dass ein vom Konjunkturpaket angefachter Aufschwung die Steuereinnahmen treiben würde.

Augenmerk auf die Fed

Indizien, dass der Preisdruck allmählich anzieht, liefert der jüngste Anstieg der Erzeugerpreise. Diese kletterten laut Arbeitsministerium im Januar saisonbereinigt um 1,3%, die stärkste Zunahme binnen eines Monats seit Beginn der Erhebungen 2009. Besondere Aufmerksamkeit wird in den kommenden Wochen der Frage gelten, ob die Fed angesichts möglicher Inflationsrisiken erwägt, vorzeitig ihre Anleihekäufe zu reduzieren und nicht, wie geplant, mindestens bis ins nächste Jahr mit dem sogenannten Tapering zu warten.