Und bitte keine finanziellen Zaubertricks!

Von Andreas Heitker, Brüssel Börsen-Zeitung, 14.5.2020 Bestätigt ist der Termin noch nicht. Aber wenn sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an ihren eigenen Zeitplan hält, wird sie in der kommenden Woche einen Vorschlag vorlegen, wie...

Und bitte keine finanziellen Zaubertricks!

Von Andreas Heitker, BrüsselBestätigt ist der Termin noch nicht. Aber wenn sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an ihren eigenen Zeitplan hält, wird sie in der kommenden Woche einen Vorschlag vorlegen, wie der Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft nach der Coronakrise gelingen soll. Die Staats- und Regierungschefs hatten die Kommission Ende April damit beauftragt, ein entsprechendes Programm auszuarbeiten, das mit dem EU-Haushalt ab 2021 verknüpft wird. Von einem “Recovery Fund” wird in der Brüsseler Behörde mittlerweile zwar nicht mehr gerne gesprochen. Man hört lieber das Schlagwort “Wiederaufbau-Initiative”, um keine falschen Erwartungen zu wecken. Aber die Erwartungen sind ohnehin riesig, und sie liegen innerhalb der EU auch noch weit auseinander. Die Mission für von der Leyen ist daher heikel, und Streit ist jetzt schon vorprogrammiert.Klare Ansagen kamen gestern aber erst einmal aus dem EU-Parlament, wo sich alle proeuropäischen Fraktionen zu einer gemeinsamen Resolution zusammengerauft haben. Den Abgeordneten war es dabei jetzt schon wichtig, die Kommission vor der “Verwendung von irreführenden Schlagzeilen” bei der Vorlage ihres Wiederaufbauplans zu warnen. Die Glaubwürdigkeit der Union stehe auf dem Spiel, hieß es in der Resolution. Und die Abgeordneten wurden an einer Stelle sogar noch deutlicher: Der “Einsatz von finanzieller Zauberkunst und von zweifelhaften Multiplikatoren” werde abgelehnt. Ausdrücklich warnte das Parlament von der Leyen davor, “dass die wichtigsten Zahlen der zu mobilisierenden Investitionen nicht die tatsächliche Größe eines Sanierungs- und Transformationsfonds” darstellten.Man kann dies durchaus als Klatsche für die bisherige Strategie der erst wenige Monate im Amt befindlichen EU-Kommission interpretieren, immer mit den ganz großen Zahlen und Zielen zu operieren – gerade im Zusammenhang mit dem Green Deal -, die sich bei genauerem Hinsehen aber aus vielen ungedeckten Schecks und noch mehr Hebeln und Multiplikatoren zusammensetzen.Das EU-Parlament verlangt eine sofortige und dauerhafte Erhöhung der Eigenmittel-Obergrenze im EU-Budget und fordert ein Wiederaufbauprogramm, das Investitionen (inklusive privater) von 2 Bill. Euro mobilisiert. Das Paket soll demnach aus Darlehen und vor allem aus Zuschüssen bestehen und durch die Ausgabe langfristiger Anleihen, die aus dem EU-Haushalt garantiert werden, finanziert werden.In den Mitgliedstaaten sind einige dieser zentralen Punkte noch äußerst umstritten. Bei der entscheidenden Frage der Auszahlungsart setzt beispielsweise auch Deutschland bislang ganz auf Kredite, weil Zuschüsse nach Einschätzung Berlins in Zusammenhang mit der geplanten Mittelaufnahme der Kommission auf dem Kapitalmarkt nicht mit der “No-Bail-out-Klausel” der EU-Verträge vereinbar sind. Doch hierzu haben auch Juristen unterschiedliche Meinungen.Von der Leyen versprach gestern im EU-Parlament einmal mehr auch Zuschüsse. Eine Größenordnung für ihr Wiederaufbauprogramm nannte sie nicht. Die Spannung in Brüssel hält also für die nächsten Tage weiter an. Auf die Forderung, auf Zaubertricks zu verzichten, ging die Kommissionschefin nicht weiter ein.——Beim Wiederaufbaufonds ist die EU-Kommission am Zug. Die Erwartungen sind riesig. ——