Studie

Ungleichheit steigt in der Coronakrise

Die Coronakrise lässt sowohl kurz- als auch langfristig die Ungleichheit steigen – zwischen Ländern, Alters- und Bildungskategorien, aber auch zwischen den Geschlechtern. Eine ING-Studie zeigt vor allem für die südlichen Euro-Länder ein hohes Risiko.

Ungleichheit steigt in der Coronakrise

ba Frankfurt

Die Coronakrise lässt sowohl kurz- als auch langfristig die Ungleichheit steigen – zwischen Ländern, Alters- und Bildungskategorien und zwischen den Geschlechtern. Zu diesem Ergebnis kommen ING-Ökonomin Franziska Biehl und ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.

Für das Risiko einer wachsenden Ungleichheit macht die Studie in den Ländern der Eurozone unterschiedliche Faktoren aus. So ist etwa in Griechenland, Spanien und Portugal der Anteil jener Wirtschaftssektoren an der Bruttowertschöpfung besonders groß, die am stärksten von den Lockdown-Maßnahmen betroffen sind – jene Bereiche also, in denen Mobilität oder soziale Kontakte zum Alltag gehören. Dazu zählen etwa Tourismus, Luftfahrt, Handel, Kunst, aber auch das Grundstücks- und Wohnungswesen und die Herstellung von Pkw und Pkw-Teilen sowie der sonstige Fahrzeugbau.

In manchen Ländern, wie Italien, Portugal und Spanien, sei es besonders der Einsatz von Nichtstandard-Arbeitsverträgen, worunter die Selbständigkeit und befristete Arbeitsverträge zusammengefasst werden. In Deutschland und Irland hingegen könne der hohe Anteil von Geringverdienern in den besonders betroffenen Wirtschaftsbereichen den Anstieg sozialer Ungleichheit bedingen. Denn ein hoher Anteil an Geringverdienern lasse die Einkommenslücke eines Landes wachsen, was die soziale Ungleichheit fördere. Die Neuvergabe von Nichtstandard-Verträgen hingegen reduziere zwar die Arbeitslosigkeit, doch seien diese Arbeitnehmer im Falle eines erneuten Arbeitsmarktschocks nicht ausreichend abgesichert und könnten schnell entlassen werden, warnen die ING-Ökonomen. Hierzulande sind 10% der Arbeitnehmer als Niedriglohnarbeiter in den vulnerablen Bereichen beschäftigt, 6% zählen zu den Nichtstandard-Arbeitnehmern.

Und auch wenn sich die Beschäftigungsperspektive in Deutschland in den vergangenen Monaten wieder verbessert hat – die Kauflaune bleibt gedämpft, wie das vierteljährlich vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und dem Conference Board erhobene Verbrauchervertrauen zeigt. So wollen 43% der 501 Befragten jenen Teil des Einkommens sparen, der nach grundlegenden Ausgaben bleibt – sonst sind es weniger als 30%. Das spricht gegen die von vielen Ökonomen erhoffte schnelle Auflösung des Konsumstaus, der die Wirtschaft anschieben soll. Genügsamkeit könne ein lang anhaltender Pandemieeffekt sein, lautet das Resümee.