Union wirft Scholz Verzögerung vor
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Berlin – Finanzpolitiker aus der Unionsfraktion werfen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor, die Gesetzentwürfe zu Änderungen an der Unternehmensbesteuerung viel zu spät in der Legislaturperiode vorgelegt zu haben. „Mir fehlt so ein bisschen die Fantasie, wie wir das vernünftig beraten wollen“, sagte der CDU-Abgeordnete Fritz Güntzler bei einem Webtalk des Industrieverbands BDI zu Steuermodellen der Zukunft.
Auf der Tagesordnung des Bundestags standen in der Nacht zum Freitag um 1.25 Uhr zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung in erster Lesung: die Umsetzung der europäischen Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD) und die Modernisierung des Körperschaftssteuerrechts. Die Entwürfe werden vom Plenum zunächst in den Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen. Reden werden um diese Uhrzeit üblicherweise nicht mehr gehalten, sondern zu Protokoll gegeben.
„Umsetzung überfällig“
Die ATAD-Umsetzung ist in Deutschland überfällig. Die europäische Vorgabe hätte sich bis Ende 2019 in deutschem Recht niederschlagen müssen. Deshalb sind mittlerweile zwei Vertragsverletzungsverfahren anhängig. Die Richtlinie will Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes bekämpfen. Das Paket umfasst laut Bundesregierung Maßnahmen, die alle Mitgliedstaaten gegen „gängige Formen von aggressiver Steuerplanung“ anwenden müssen.
Zudem werden mit dem Entwurf hierzulande die Vorschriften für die sogenannte Wegzugsbesteuerung verschärft. Dabei müssen stille Reserven offengelegt und versteuert werden. Güntzler ließ durchblicken, dass die Verschärfung – die der Union nicht behagt – inzwischen großzügigere Stundungsregeln, vor allem für Rückkehrwillige, vorsieht, als Scholz noch vor Monaten geplant hatte. Der Leiter der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium, Rolf Möhlenbrock, wies den Vorwurf zurück, die Neuregelung sei europarechtlich angreifbar. Das Ministerium sei sich sehr sicher, dass der Entwurf vor der Rechtssprechung standhalte.
Die Novelle der Körperschaftssteuer führt ein Optionsmodell ein, mit dem sich Personengesellschaften wie Kapitalgesellschaften besteuern lassen können. Güntzler verwies auf viele offene Fragen im Detail in einer grundsätzlich guten Regelung. Bis Anfang Juni soll der Bundestag entscheiden. Der Steuerexperte der Union vermisste im Entwurf zudem die von der Union geforderte verbesserte Thesaurierungsbegünstigung für Personengesellschaften. „Ich habe das Gefühl, dieser Bundesfinanzminister will für die Unternehmen nichts tun“, sagte Güntzler.