Unklare Reform der französischen Ich-AG
wü Paris – Frankreichs sozialistische Regierung hat gestern einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dessen Hilfe Handwerk, Handel und kleine Unternehmen gestärkt werden sollen. Vorgesehen ist etwa, die Anhebung gewerblicher Mieten pro Jahr auf 10 % zu beschränken und den Titel “Handwerker” besser zu schützen.Mit Spannung erwartet worden war der von Handwerksministerin Sylvia Pinel vorgestellte Entwurf allerdings wegen der darin enthaltenen Reform der unter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy 2009 eingeführten französischen Variante der Ich-AG. Seitdem müssen Ein-Personen-Unternehmen mit niedrigen Einkommen nur noch eine Pauschale für Sozialbeiträge und Steuern zahlen. Vorher mussten sie schon bevor sie auch nur einen Euro verdient hatten, hohe Summen an den Staat abführen. Die sozialistische Regierung wollte das ändern und die Steuervorteile für Ein-Personen-Unternehmen auf zwei Jahre begrenzen. Dafür wollte sie für den Dienstleistungssektor eine Obergrenze des Jahresumsatzes von 19 000 Euro einführen, für den Handel 47 500 Euro. Das führte zu erbittertem Widerstand der betroffenen 900 000 Kleinstunternehmer. Sie schlossen sich in der Protestbewegung “les poussins” (“die Küken”) zusammen, da sie fürchten, dass viele von ihnen bei zeitlicher Begrenzung der Ich-AG in die Arbeitslosigkeit abrutschen. Die umstrittene Begrenzung der Jahresumsätze wird in dem von Pinel präsentierten Entwurf zwar erwähnt, ohne jedoch eine konkrete Summe zu nennen – diese soll erst später festgelegt werden.Vor allem kleine Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern können immer häufiger die Gehälter nicht mehr zahlen. So musste die AGS, eine Organisation, die zur Arbeitslosenversicherung gehört und die Gehälter für zahlungsunfähige Unternehmen übernimmt, im Juli 228,8 Mill. Euro zahlen. Seit Anfang des Jahres ist die Summe um 4 % auf 1,3 Mrd. Euro gestiegen.