SORGE UM SCHWELLENLÄNDER - INDIEN

Unsicherer Elefant

Börsen-Zeitung, 16.8.2018 jw Frankfurt - Auch die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt spürt die Türkei-Krise: die Rupie fiel am Dienstag zum Dollar auf ein Rekordtief. Ein Dollar kostete kurzzeitig über 70 Rupien. Anfang des Jahres waren es noch...

Unsicherer Elefant

jw Frankfurt – Auch die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt spürt die Türkei-Krise: die Rupie fiel am Dienstag zum Dollar auf ein Rekordtief. Ein Dollar kostete kurzzeitig über 70 Rupien. Anfang des Jahres waren es noch 63 Rupien gewesen: ein Wertverlust von knapp 9 %. Die Rupie ist damit die schwächste Währung im asiatischen Raum – was die Inflation durch teurere Importe anheizt. Anfang August hatte die Zentralbank zum zweiten Mal die Leitzinsen erhöht, nachdem die Teuerung im Juni bei 4,9 % gelegen hatte. Im Juli fiel die Teuerung dann zwar auf 4,2 %, doch die Kernrate (ohne Energie und Lebensmittelpreise) verharrt weiter bei 6,3 %. Außerdem setzen die gestiegenen Rohölpreise die Währung unter Druck, da das Land über zwei Drittel seines Bedarfs aus Importen bezieht. So kletterte das Leistungsbilanzdefizit im Juli mit 18 Mrd. Dollar bereits auf ein Fünf-Jahres-Hoch. Aktuell hat das Land seine Auslandsverschuldung und das Leistungsbilanzdefizit zwar noch im Griff, doch steigen die Ölpreise weiter und wertet die Rupie weiter ab, dann wird sich die Notenbank gezwungen sehen, die Geldpolitik weiter zu straffen und Wachstum könnte sich abschwächen.Dabei haben Experten vor kurzem noch das starke Fundament der indischen Wirtschaft gelobt. So gleicht Indien dem IWF zufolge einem “Elefanten, der zu rennen beginnt”. Der Fonds traut Indiens Wirtschaft ein Wachstum von 7,3 % im laufenden Jahr und 7,5 % in 2019 zu. Indien ist Marktführer in Schlüsselbranchen wie der Biometrie und der Digitalisierung, die gefragt sind. Die hohe Einwohnerzahl und wachsende Konsumbereitschaft ziehen nach wie vor viele ausländische Investoren an: Vergangene Woche eröffnete Ikea seine erste Filiale in Hyderabad. Trotzdem sind hausgemachte Probleme wie die hohe Korruption und Bürokratie im Land weiter Investitionshemmnisse. Auch liegt das Pro-Kopf-Einkommen Indiens mit etwa 2 000 Dollar pro Jahr deutlich unter dem Niveau anderer großer Schwellenländer. Der staatliche Besitz öffentlicher Banken birgt große makrofinanzielle Risiken. Anfang nächsten Jahres stehen Wahlen in Indien an. Hoffentlich gerät der “zu rennen beginnende” Elefant bis dahin nicht ins Stolpern.