US-Arbeitsmarkt regt Zinsfantasie an

Höchster Stellenzuwachs seit 2014 - Löhne steigen - Anleiherenditen ziehen an

US-Arbeitsmarkt regt Zinsfantasie an

Von Sebastian Schmid, New YorkNachdem US-Notenbankchefin Janet Yellen und ihr Stellvertreter Stanley Fischer zuletzt öffentliche Auftritte genutzt haben, um auf einen Zinsschritt im Dezember vorzubereiten, stützt nun auch der US-Arbeitsmarkt die Falken der Fed. In praktisch allen Aspekten fiel der Arbeitsmarktbericht für Oktober besser als erwartet aus. Nach schwachen Stellenzuwächsen im August und September wurde die Zahl neuer Jobs auf 271 000 nahezu verdoppelt. Das war der kräftigste Stellenzuwachs binnen eines Jahres. Von Thomson Reuters befragte US-Ökonomen hatten im Schnitt nur mit 181 000 neuen Stellen gerechnet. Die Arbeitslosenquote ging von 5,1 % auf 5,0 % zurück.Der US-Jobmotor kommt offenbar gerade zur rechten Zeit vor der Zinssitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank Federal Reserve wieder in Gang. Mindestens ebenso wichtig erscheint in diesem Zusammenhang der 0,4-prozentige Anstieg der Stundenlöhne. Im Vergleich zu Oktober 2014 ist die Bezahlung der US-Angestellten um 2,5 % gestiegen – der kräftigste Zuwachs binnen mehr als sechs Jahren. Seit Beginn der Konjunkturerholung Mitte 2009 hatten die Löhne die 2 %-Schwelle praktisch nie überschritten. Mit dem kräftigeren Anstieg dürfte die Zuversicht der Fed-Mitglieder wachsen, dass die schwache Teuerungsrate bald wieder anzieht. Enttäuscht hat nur die Partizipationsrate am US-Arbeitsmarkt, die mit 62,4 % auf dem niedrigen Niveau des Vormonats verharrte. “Der Offenmarktausschuss hat keinen Vorwand mehr, um die graduelle Normalisierung der Zinssätze weiter zu verschieben”, befand Alliance-Bernstein-Chefökonom Joseph Carson in einer ersten Einschätzung.An der Wall Street sieht man dies offenbar ebenso. Der Euro verlor am Freitag 1,4 % auf 1,0736 Dollar. Auch gegen andere bedeutende Währungen wie Pfund oder Yen wertete der Greenback kräftig auf. Die Renditen von US-Staatsanleihen mit fünf und zehn Jahren Laufzeit zogen jeweils um rund 0,1 Prozentpunkte auf 1,73 % bzw. 2,33 % an. Die Erwartung an eine Zinswende ist also sprunghaft gestiegen.