US-chinesische Einigung auf Kosten der EU

IfW-Analyse: Bilaterale "Einkaufsliste" lenkt globale Handelsströme substanziell zugunsten der USA um

US-chinesische Einigung auf Kosten der EU

rec Frankfurt – Das Handelsabkommen zwischen den USA und China dürfte erheblich auf Kosten der Europäischen Union und anderer Handelspartner Chinas gehen. Zu diesem Schluss kommt das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in einer aktuellen Projektion. IfW-Chef Gabriel Felbermayr sagte: “Die von China zugesagten zusätzlichen Importe von US-Gütern werden Importe aus anderen Ländern verdrängen.” Verglichen mit einem Szenario ohne zusätzliche Zollhürden durch den Handelskrieg und ohne das gerade geschlossene Teilabkommen, dürften die Exporte aus der EU nach China im Jahr 2021 voraussichtlich um 10,8 Mrd. Dollar geringer ausfallen. Die EU habe rund ein Sechstel der globalen Umlenkungen von Handelsströmen zu tragen.Die USA und China hatten am 15. Januar ein Teilabkommen unterschrieben. Es sieht unter anderem vor, dass chinesische Unternehmen dieses und nächstes Jahr mindestens 200 Mrd. Dollar mehr an amerikanischen Waren importieren als 2017. Für eine Liste von 537 Gütern, die im Volumen 2021 um 95 Mrd. Dollar höher liegen sollen als 2017, haben die USA und China exakte Beträge festgelegt. Fachleute sprechen deshalb von “Managed Trade”, der nicht im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) stehe. Industrie der größte VerliererDer EU-Botschafter in Peking, Nicolas Chapuis, hatte berichtet, das chinesische Außenministerium habe ihm versichert, “dass europäische Unternehmen in keiner Weise, in absolut keiner Weise von dem Abkommen beeinflusst werden”. Die Analyse des IfW nährt Zweifel daran. Das IfW hat diese Liste näher analysiert und mit den jeweiligen Handelsströmen aus anderen Teilen der Welt verglichen. Am härtesten trifft es demnach die europäische Industrie: Größte Verlierer sind Hersteller von Flugzeugen mit Auftragseinbußen über 3,7 Mrd. Dollar, gefolgt von der Autoindustrie (-2,4 Mrd. Dollar) und dem Maschinenbau (-1,4 Mrd. Dollar). “Die betroffenen Industrien sitzen vor allem in Deutschland, aber auch Frankreich ist erheblich getroffen”, sagte Felbermayr.Kommt China seinen Importzusagen nach, woran Beobachter zweifeln, dürften die US-Exporte nach China gegenüber 2017 um fast die Hälfte zunehmen. Nimmt man an, dass Chinas Importbedarf konstant bleibt und in absoluten Zahlen mit der eigenen Wirtschaftsleistung wächst, dürften die EU-Staaten 5 % Marktanteile im Export nach China verlieren. Gleiches gilt für den Rest der Welt. In den Bereichen Energie und Landwirtschaft, wo die Zugeständnisse Chinas gemessen an den gegenwärtigen Importumfängen am größten sind, sind in erster Linie Länder außerhalb der EU von den Verschiebungen betroffen.Angesicht der Verwerfungen im Welthandel muss die EU-Kommission ihre Beziehungen mit großen Handelspartnern neu justieren. US-Präsident Donald Trump strebt nach eigenen Angaben ein umfassendes Handelsabkommen mit der EU an. Er sei zuversichtlich, dass man sich auf einen Deal verständigen könne, sagte Trump am Rande des Weltwirtschaftsforums. Ansonsten würden Zölle auf Autoimporte “sehr ernsthaft” erwogen. Trump hat mit bis zu 25 % Aufschlag gedroht. Mit China verhandelt Brüssel über ein Investitionsschutzabkommen. Trotz des schwächeren Wirtschaftswachstums sind die ausländischen Direktinvestitionen im Reich der Mitte 2019 um 5,8 % zum Vorjahr auf umgerechnet 123 Mrd. Euro gestiegen, wie das Handelsministerium am Dienstag mitteilte. 2018 hatte das Plus bei nur 0,9 % gelegen.