US-Jobmotor läuft überraschend rund
Von Sebastian Schmid, New YorkDie Konjunktur hat im zweiten Quartal zwar erneut enttäuscht, der US-Jobmotor läuft aber wieder rund. Im Juli hat die amerikanische Wirtschaft 255 000 neue Jobs geschaffen und damit gut 70 000 mehr, als Ökonomen im Durchschnitt erwartet hatten. Zugleich hat das US-Arbeitsministerium die Zahl der neuen Stellen für den Vormonat Juni um 7 000 auf 292 000 nach oben korrigiert. Selbst die schwache Mai-Zahl wurde von 11 000 auf 24 000 angehoben. Auch die Stundenlöhne überraschten positiv mit einem Anstieg um 0,3 % zum Vormonat auf 25,69 Dollar. Insbesondere der Finanzdienstleistungssektor stach mit einem 1-prozentigen Anstieg des Lohnniveaus und kräftigen Stellenzuwächsen hervor. Zum Vorjahresmonat kletterten die Löhne um 2,6 %. Die Arbeitslosenquote verharrt derweil bei 4,9 %.Trotz der unerwartet robusten Entwicklung am Stellenmarkt rückt ein Zinsschritt in der kommenden Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed am 20. und 21. September aus Sicht der meisten Volkswirte und Marktteilnehmer nicht wirklich näher. Allerdings steigt das Vertrauen in einen Zinsschritt im Dezember. Der Dollar wertete am Freitag gegen Yen, Euro und Pfund jeweils um gut 0,5 % auf. Die Stärke des Greenback macht sich auch in der Handelsbilanz bemerkbar. Die Importe legten um 1,9 % zu, während der Export nur um 0,3 % anzog. Im Juli weitete sich darum aber das Handelsdefizit um fast 9 % auf 44,5 Mrd. Dollar aus.Nach Ansicht von Michelle Meyer, Chefökonomin der Bank of America, enthielt der Arbeitsmarktbericht “alles, was man sich wünschen konnte, vielleicht sogar mehr”. Michael Gaden, US-Chefvolkswirt von Barclays, sieht in dem Bericht die Bestätigung für eine Trendwende nach der schwachen Entwicklung im Frühjahr. Die Analysten von S & P Global Ratings sehen dies ebenso, zweifeln aber an einer Zinsanhebung noch vor der US-Präsidentschaftswahl im November. Nariman Behravesh, Chefökonom der Beratungsfirma IHS Markit, glaubt zwar nicht, dass das Tempo beim Jobwachstum in den nächsten Monaten gehalten werden kann. Eine Zinsanhebung im Dezember sei aber dennoch möglich.Allerdings sind längst nicht alle Ökonomen bereit, nach den unerwartet starken Arbeitsmarktdaten ihre negativen Ausblicke zu revidieren. “Wir sind weiterhin überzeugt, dass die US-Wirtschaft Ende des Jahres in ihre nächste Rezession rutschen wird”, warnte Jason Schenker von Prestige Economics. Noch weiter geht der ehemalige Pimco-Chef Bill Gross, für den die US-Wirtschaft ohne die Konsumausgaben praktisch “bereits in der Rezession steckt”.