US-Sanktionen gegen China erhöhen Druck auf EU
rec Frankfurt – Neue Sanktionen der USA gegen China setzen auch die Europäische Union unter Zugzwang. Nachdem Washington den Import von Baumwolle und Tomaten aus der chinesischen Provinz Xinjiang verboten hat, mehren sich die Rufe nach einem konsequenteren Vorgehen der EU gegen Menschenrechtsverstöße in China. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Reaktion aus Brüssel kommt, wird unter EU-Parlamentariern wie Handelsexperten allerdings als gering eingestuft.Firmen in den USA ist es ab sofort untersagt, Produkte einzuführen, in denen Baumwolle oder Tomaten aus Xinjiang verarbeitet sind. Das könnte auch Modefirmen und Nahrungsmittelkonzerne aus Deutschland treffen, die in Asien produzieren und in die USA exportieren. Begleitet wurde der Importbann der US-Regierung von einem Bericht einer überparteilichen Kommission des US-Kongresses. Darin werfen Abgeordnete und Regierungsmitarbeiter Peking schwere Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren und andere muslimische Minderheiten in der Provinz Xinjiang vor. Es gebe Hinweise auf “Verbrechen gegen die Menschlichkeit – und möglicherweise Völkermord – in Xinjiang”, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters aus dem Bericht des US-Parlaments.Peking bestreitet die Vorwürfe. Die chinesische Botschaft in Washington erklärte, die Kommission sei “besessen” davon, “alle möglichen Lügen zu erfinden, um China zu verunglimpfen”. “Der sogenannte ,Völkermord` ist ein Gerücht, das absichtlich von einigen Anti-China-Kräften in die Welt gesetzt wurde, und eine Farce, um China zu diskreditieren”, sagte ein Sprecher der Botschaft laut Reuters. Zuletzt hatte es immer wieder Berichte von Medien und Institutionen bis hinauf zu den Vereinten Nationen über Lager für Uiguren und Zwangsarbeit in Werken und auf Feldern in Xinjiang gegeben. China bestreitet jegliche Misshandlung dieser Minderheit und spricht von einer innenpolitischen Angelegenheit.Sven Simon (CDU), Handelspolitiker im EU-Parlament, sagte der Börsen-Zeitung: “Angesichts der nachweisbar weit verbreiteten Zwangsarbeit in der Baumwoll- und Tomatenproduktion in Xinjiang ist das amerikanische Importverbot ein richtiger Schritt. Ob ein solcher Importbann mehr als symbolische Wirkung entfalten kann, bleibt jedoch abzuwarten.” Peking habe immer wieder Wege gefunden, Sanktionen zu umgehen. Er machte mit Verweis auf das Völkerrecht deutlich, dass die EU unabhängig vom gerade geschlossenen Investitionsabkommen die Möglichkeit habe, “Importe aus Zwangsarbeit zu verbieten”.Gabriel Felbermayr, Chef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), sagte: “Der Druck wird steigen, dass vor der Ratifizierung des Abkommens etwas Sichtbares mit Blick auf die Menschenrechtslage passiert.” Einseitige Schritte der EU erwarte er allerdings nicht, “sonst hätte sie bereits eine Vorwarnung an die Chinesen gegeben”, sagte er der Börsen-Zeitung. Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im EU-Parlament, sagte auf Anfrage, er erwarte eine Eskalation zwischen den USA und China. “Es läuft immer stärker auf zweigleisige Lieferketten hinaus” – dass Firmen also je nach Zielland für ihre Waren mit unterschiedlichen Lieferanten zusammenarbeiten, um Sanktionen zu vermeiden.Die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen gelten als überschaubar. Anders als etwa Mikrochips seien Baumwolle und Tomaten vergleichsweise “leicht substituierbar”, sagte Ifo-Handelsexperte Martin Braml, Firmen könnten also leicht Ersatz finden. Engpässe sind gleichwohl möglich, da China ein Fünftel der globalen Baumwollproduktion stellt. Mit Blick auf Reputationsrisiken und Arbeiten an Verpflichtungen zu menschenrechtlicher Sorgfalt in den Lieferketten ergänzte der EU-Parlamentarier Simon, es liege im Eigeninteresse europäischer Unternehmen, “ihre Lieferketten in Xinjiang schon heute gründlich auf Zwangsarbeit und moderne Sklaverei zu prüfen”.