US-Steuerreform vor hohen Hürden

Debatte um Finanzierung spaltet die Republikaner - Neuverschuldung könnte steigen

US-Steuerreform vor hohen Hürden

US-Präsident Donald Trump will im Herbst mit einer umfassenden Steuerreform seinen bisher ersten bedeutenden legislativen Erfolg verbuchen. Trump und sein Finanzminister Steve Mnuchin müssen aber hohe Hürden nehmen, denn die Finanzierung ist keineswegs sichergestellt.Von Peter De Thier, WashingtonNach dem gescheiterten Versuch einer Gesundheitsreform wird US-Präsident Donald Trump in den kommenden Wochen für ein anderes Großprojekt, nämlich das Umkrempeln des komplexen amerikanischen Steuersystems, die Werbetrommel rühren. Angesichts der selbstverschuldeten Ablenkungen, mit denen Trump Furore macht, herrscht selbst im Weißen Haus nur gedämpfter Optimismus. Es lauern aber auch andere Gefahren, etwa der Streit um die Finanzierbarkeit.Am 5. September werden Abgeordnete und Senatoren aus dem Sommerurlaub zurückkehren, und ginge es nach Trump, dann würde eine zügige Steuerreform an der Spitze der legislativen Tagesordnung stehen. Bekannt sind bisher lediglich Eckpunkte des ambitionierten Vorhabens. Den Körperschaftsteuersatz, in den USA mit 35 % der höchste aller OECD-Länder, will der Präsident auf 15 bis 20 % herabsetzen. Entlastet werden sollen auch private Haushalte, die nach geltendem Recht zwischen 10 und 39,6 % an den Fiskus abführen müssen. Die Regierung plant zudem, den Höchstsatz auf 25 % herunterzuschrauben und die Steuerklassen von derzeit sieben auf nur drei zu reduzieren. Grundfreibeträge will Trump verdoppeln und im Gegenzug das Dickicht der einzelnen Steuerabzüge transparenter machen. Festhalten wollen Republikaner auch an ihrem langjährigen Lieblingsprojekt, nämlich der Abschaffung der Erbschaftsteuer. Utopische VorstellungenAls die Steuerdebatte im Frühjahr eine gewisse Dynamik entwickelt hatte, wiesen Mnuchin, Trumps Chefökonom Gary Cohn und andere Berater den Vorwurf zurück, der ersten wirklich umfassenden Reform seit 1986 fehle es an glaubwürdiger Gegenfinanzierung. Sie prognostizieren Wachstumsraten von bis zu 4 %, die zusätzliche Billionen in die Staatskasse spülen würden, nach Ansicht von Kritikern aber utopisch sind. Auch weisen Demokraten darauf hin, dass nach Berechnungen der Haushaltsbehörde Congressional Budget Office (CBO) die geplante Schließung von Schlupflöchern für Unternehmen und die Eliminierung zahlreicher Sonderabzüge zwar das Steueraufkommen erhöhen würden – ausreichen würde dies aber nicht annähernd, um bis 2027 einen Überschuss herbeizuführen, wie das Weiße Haus voraussagt. Im Gegenteil, laut CBO würde die Neuverschuldung 2027 720 Mrd. Dollar erreichen.Einen günstigen Ausgangspunkt haben Trump, Mnuchin und Cohen also nicht, wenn die Steuerdebatte in zwei Wochen wieder losgetreten wird. Zwar könnten die Republikaner angesichts der Mehrheitsverhältnisse in beiden Kongresskammern theoretisch auch ohne die Zustimmung der demokratischen Opposition einen Gesetzesentwurf zimmern. Das dürfte sich aber deswegen schwierig gestalten, weil der Präsident mit seinen Fehltritten eine wachsende Zahl von Republikanern verärgert hat. Auf die Unterstützung jener, der er sich während des Tauziehens um die Abschaffung von Obamacare (Patient Protection and Affordable Care Act) noch sicher war, ist kein Verlass mehr.Hinzu kommt, dass sich immer mehr Lobbyisten zu Wort melden, die um jeden Preis verhindern wollen, dass Vergünstigungen, die ihrer Kundschaft zugutekommen, auf der Strecke bleiben. Auf mehr als 1 100 Seiten sind daher umstrittene Nachlässe festgeschrieben, von Gutschriften für Adoptiveltern über Vergünstigungen für Kunstwerke, die Milliardäre an Museen leihen, bis hin zu Subventionen für staatliche Wohnbauprojekte, die auf ärmere Haushalte abzielen. Die Debatte um die Steuerreform hat zwar gerade erst begonnen. Experten sind jedoch überzeugt, dass der Generalist Trump erneut die Komplexität eines schwierigen Gesetzesvorhabens unterschätzt.