Konjunktur

US-Wirtschaft schrumpft historisch

Die US-Wirtschaft ist im Krisenjahr 2020 so stark eingebrochen wie seit 1946 nicht mehr. Die Erwartungen an Corona-Impfstoffe dürften im laufenden Jahr allerdings eine solide Erholung ermöglichen. Dennoch bleibt die Notenbank vorsichtig und hält an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest.

US-Wirtschaft schrumpft historisch

det Washington

Wie das US-Handelsministerium berichtete, legte die aufs Jahr hochgerechnete Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2020 um 4,0% zu und lag hinter der erwarteten Zunahme um 4,3% zurück. Gleichwohl schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ge­samten Jahresverlauf, allerdings deutlich weniger, als Ökonomen im Frühjahr prognostiziert hatten. So brach das BIP im gesamten abgelaufenen Jahr um 3,5% ein. Es ist der tiefste Sturz seit 1946, als ein Minus von 11,6% gemessen wurde.

Vorsichtiger Optimismus

Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2009 hatte das Ministerium eine Kontraktion um 2,5% ermittelt. In Relation zu den Erwartungen vor einem guten halben Jahr fiel der Rückgang aber relativ harmlos aus. Entsprechend optimistisch schätzen viele Ökonomen den weiteren konjunkturellen Verlauf ein, der laut Notenbankchef Jerome Powell dennoch mit Risiken behaftet ist.

Schließlich war die Wirtschaftsleistung von April bis Juni um fast ein Drittel eingebrochen (siehe Grafik). Noch im Mai hatte das Congressional Budget Office (CBO) für 2020 ein negatives Wachstum von 5,6% vorausgesagt. Nach Ansicht von Jason Furman, der Chefökonom unter dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama war, „ist 2020 im historischen Kontext gesehen gar nicht so schlimm gewesen, jedenfalls besser, als wir zuvor für möglich gehalten hätten“.

Gestützt wurde das Wachstum von Privatkonsum, Export und Unternehmensinvestitionen. Dass das Wachstum nicht höher ausfiel, lag an geringeren Staatsausgaben und dem Anstieg der Einfuhren. Zu erwarten ist Analysten zufolge wegen der hochgesteckten Erwartungen an die Impfstoffe gegen das Coronavirus dieses Jahr eine beschleunigte Erholung, die zu einer Wachstumsrate von über 4% führen könnte.

Bedenklich ist hingegen die Tatsache, dass weiter mit einer K-förmigen Erholung gerechnet wird, in der einige Sektoren einen überdurchschnittlich starken Aufschwung erleben, während andere weiter zu kämpfen haben werden. In der zweiten Jahreshälfte konzentrierten sich die Verbraucherausgaben nämlich vorwiegend auf Waren, insbesondere langlebige Güter wie Autos und Möbel. Dienstleister, insbesondere das Gast- und Freizeitgewerbe, mussten aufgrund der Lockdowns weitere Verluste wegstecken.

Die unebene Erholung hob auch der Notenbankvorsitzende Jerome Powell hervor, der wie auch Finanzministerin Janet Yellen für Präsident Joe Bidens neues Konjunkturpaket im Wert von 1,9 Bill. Dollar wirbt. Wegen republikanischen Widerstands gegen die Höhe des Maßnahmenbündels ist aber anzunehmen, dass der Kongress das Paket noch deutlich wird zusammenstreichen müssen. Vor allem die geplanten Direktzahlungen an Haushalte dürften gekürzt werden.

Nach der Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) der Fed bekräftigte Powell, dass ungeachtet der günstigen Konjunkturaussichten, die entscheidend vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängen würden, die Währungshüter noch für einige Zeit an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten werden. „Wir sind noch weit von unseren geldpolitischen Zielen und unserem Inflationsziel entfernt“, sagte Powell. Er betonte, dass die Fed eventuelle Änderungen am Nullzins oder an den monatlichen Anleihekäufen im Wert von 120 Mrd. Dollar vorher deutlich signalisieren würde.

Einigermaßen optimistisch dürfte den Fed-Vorsitzenden die jüngste Entwicklung am amerikanischen Arbeitsmarkt stimmen. Laut Arbeitsministerium sanken vergangene Woche die Erstanträge auf Arbeitslosengeld einerseits um 67000 auf 847000. Sie liegen allerdings noch weit über dem Vorkrisenniveau. Die Frühindikatoren des Forschungsinstituts Conference Board legten im Dezember wie erwartet um 0,3% zu. Die Daten fielen schwächer aus als in den beiden vorangegangenen Monaten, liefern aber dennoch weitere Zeichen für eine moderate Er­holung.

Wertberichtigt Seite 8

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