Verbraucher üben sich in Zuversicht
ba Frankfurt
Rückläufige Inzidenzzahlen und die Hoffnung auf eine weniger ausgeprägte vierte Coronawelle haben die Kauflaune der deutschen Verbraucher im September wieder beflügelt. Der guten Stimmung konnten selbst die anhaltend steigenden Preise nichts anhaben. Gemessen am GfK-Konsumklima, für das die Nürnberger Marktforscher einen Wert von 0,3 Punkten für Oktober voraussagen, ist die Stimmung so gut wie seit knapp eineinhalb Jahren nicht mehr (siehe Grafik). Zuletzt war im April 2020 mit 2,3 Zählern ein besserer Wert gemessen worden. Im September lag der Wert noch bei revidiert –1,1 (zuvor: –1,2) Punkten. Ökonomen hatten mit einem dritten Rückgang in Folge auf –1,6 Zähler gerechnet.
Noch keine Trendwende
Getragen wurde die Erholung von der besseren Beurteilung der Konjunktur- und Einkommenserwartung sowie der leicht gestiegenen Anschaffungsneigung. Aber auch wenn die Verbraucherstimmung fast wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgekehrt ist, von einer Trendwende will GfK-Experte Rolf Bürkl noch nicht sprechen. Es komme vor allem auch darauf an, wie sich das Infektionsgeschehen in den Wintermonaten entwickeln werde und ob neue Beschränkungen notwendig würden. Trotz gut gefüllter Geldbeutel dämpfen Maskenpflicht und Abstandsregeln nach wie vor die Lust am Einkaufen, betonte Bürkl: „Erst wenn diese Beschränkungen wegfallen, wird sich die Konsumneigung nachhaltig erholen können.“ Die Neigung für größere Anschaffungen bleibt denn trotz eines leichten Gewinns auf niedrigem Niveau.
Aus dem zunehmenden Konjunkturoptimismus – die entsprechende Komponente hat im September gut die Hälfte der Vormonatseinbußen wieder wettgemacht – schließt Bürkl, dass die Verbraucher die deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs sehen. Allerdings falle die Dynamik etwas gemäßigter aus als noch vor einigen Monaten erwartet. Die Einkommensaussichten legten im September spürbar zu und liegen nun auf dem Vorkrisenniveau. Dabei habe die zunehmende Diskussion, ob die seit Jahresanfang zu beobachtenden Preissteigerungen temporärer Natur sind oder nicht, kaum Einfluss gehabt. Dafür spricht laut GfK die Tatsache, dass die Preiserwartungen der Konsumenten im September sogar geringfügig gesunken sind. Im August lag die Inflationsrate mit 3,9% so hoch wie seit Ende 1993 nicht mehr. Auch sorge die überaus stabile Beschäftigungslage dafür, dass die Angst vor Arbeitslosigkeit und damit die Furcht vor Einkommenseinbußen momentan eine eher untergeordnete Rolle spiele.
Von der Stabilität des Arbeitsmarktes, was den Nürnberger Marktforschern zufolge „ebenfalls stark zum hohen Niveau der Konjunkturerwartung beiträgt“, zeugen zwei ebenfalls gestern veröffentlichte Frühindikatoren. Das Arbeitsmarktbarometer des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sank zwar im September auf 106,2 Punkte, nachdem es im August mit revidiert 107,4 (zunächst 107,6) Zählern ein Rekordhoch erreicht hatte. Damit notiert der Indikator, der die Erwartungen aller deutschen Arbeitsagenturen an die kommenden drei Monate abbildet, aber immer noch auf einem höheren Wert „als in allen Vorjahren“, wie es beim IAB heißt.
Jobmarkt läuft rund
Nachdem der Aufschwung durch die Lieferengpässe in der Industrie etwas gebremst wurde, erwarten die Arbeitsagenturen, „dass die Arbeitslosigkeit weiter zurückgeht, aber nicht mehr so schnell wie in den letzten Monaten“, sagte IAB-Forschungsleiter Enzo Weber. Es zeige sich nun wieder das vor der Krise übliche Muster, nach dem die Beschäftigungserwartungen über denen für die Entwicklung der Arbeitslosigkeit liegen. Zudem würden die Beschäftigungserwartungen zusätzlich steigen, da „vermehrt Menschen zurückkommen, die sich in der Coronakrise vom Arbeitsmarkt zurückgezogen hatten“, erklärte Weber. Für einen ständigen Anstieg der Beschäftigung sorgen dem Ifo-Institut zufolge die fortschreitenden Öffnungen in vielen Branchen – „die deutschen Unternehmen stellen immer mehr neue Mitarbeiter ein“, konstatierte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe mit Blick auf das Ifo-Beschäftigungsbarometer, das im September um 0,7 auf 104,3 Punkte und damit den höchsten Wert seit Oktober 2018 gestiegen ist. Am Donnerstag veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Arbeitsmarktstatistik für September.