Verbraucher vom Brexit-Votum kaum beeindruckt

GfK-Barometer verliert minimal - DIW erwartet Wirtschaftswachstum von je 0,3 Prozent im zweiten und dritten Quartal

Verbraucher vom Brexit-Votum kaum beeindruckt

ba Frankfurt – Das Ergebnis des Brexit-Referendums der Briten hat die deutschen Konsumenten etwas aus dem Tritt gebracht, gestrauchelt sind sie aber keineswegs. Das GfK-Konsumklima prognostiziert “auch als Folge der Brexit-Entscheidung” für August einen Wert von 10,0 Punkten, wie die Nürnberger Konjunkturforscher gestern mitteilten. Das sind nur 0,1 Zähler weniger als im Juli und 0,2 Punkte unter dem langjährigen Höchststand, der im Juni 2015 markiert wurde. Ökonomen hatten zwar das erste Minus nach drei Anstiegen in Folge erwartet, allerdings einen stärkeren Rückgang auf 9,9 Zähler auf der Rechnung. Erwartungen gedämpftWährend sowohl die Konjunktur- als auch die Einkommenserwartungen einen Dämpfer hinnehmen mussten, konnte die Konsumneigung ihr “ohnehin hohes Niveau sogar noch leicht übertreffen”, sagte GfK-Experte Rolf Bürkl. Wegen der Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, gingen die Verbraucher davon aus, dass die Wirtschaft hierzulande “in den nächsten Monaten nicht mehr ganz so deutlich wachsen könnte wie in den vergangenen”, sagte Bürkl. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hingegen sieht die Wirtschaft derzeit noch auf “stabilem Aufwärtskurs” und erwartet sowohl für das zweite als auch das dritte Quartal ein Wirtschaftswachstum von je 0,3 % im Vergleich zum vorherigen Vierteljahr. Die Unternehmen dürften zwar angesichts der unklaren Absatzperspektiven auf dem britischen Markt mit zurückhaltenden Investitionen reagieren, doch merklich auf das Wachstum durchschlagen werde die Brexit-Entscheidung “wohl vor allem erst im kommenden Jahr”, meint DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. Die Stimmung der Industrie bleibe zuversichtlich und die Exporterwartungen hätten sich nur leicht eingetrübt. Bei den deutschen Ausfuhren würden die Folgen des Brexit erst nach und nach sichtbar.”Die Abwertung des britischen Pfunds dämpft die Nachfrage nach deutschen Produkten, und die voraussichtliche Investitionsschwäche im Vereinigten Königreich trifft die stark auf Investitionsgüter ausgerichtete deutsche Industrie”, sagte DIW-Deutschlandexperte Simon Junker. Trotz schwacher Auftragseingänge erwartet er einen Anstieg der Industrieproduktion im dritten Quartal. Und auch für den privaten Verbrauch blieben die Rahmenbedingungen – Reallohnsteigerungen dank niedriger Inflation, robuster Arbeitsmarkt und zur Jahresmitte gestiegene Renten – günstig. Keine JobsorgenAuch Stefan Kipar von der BayernLB erwartet, dass “der private Konsum die Konjunktur auch weiterhin tragen und damit die konjunkturellen Auswirkungen der verschlechterten außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abmildern” werde. Nicht auszuschließen sei allerdings, dass die Terroranschläge der vergangenen Woche die Stimmung der Konsumenten stärker eintrüben, als dies außenwirtschaftliche Entwicklungen wie der Brexit vermögen. Eine weitere nachhaltige Gefahr für das Konsumklima drohe, wenn die Angst vor Jobverlust signifikant zunehmen würde, sagte GfK-Experte Bürkl.Danach sieht es aber derzeit nicht aus: Sämtliche Indikatoren für den deutschen Arbeitsmarkt, wie das IAB-Arbeitsmarktbarometer (vgl. BZ vom 27. Juli), der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA), der BA-X, sowie das Ifo-Beschäftigungsbarometer deuten weiter auf einen fortgesetzten Stellenaufbau hin, wenn auch die Zuwächse nicht mehr ganz so dynamisch ausfallen dürften wie in den vergangenen Monaten. Der BA-X notiert im Juli auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Erhebung 2005. Vor allem der Bedarf an Personal im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, aber auch in der Zeitarbeit, dem Baugewerbe und bei den Dienstleistern ist derzeit enorm hoch. Die Zusatzumfrage der GfK zu der Konsumklimastudie im Juli zeige, dass die Deutschen zwar davon ausgingen, dass das Votum der Briten den deutschen Arbeitsmarkt zwar generell negativ beeinflussen werde, konkrete Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz macht sich aber kaum jemand (siehe Grafik).Da die Konsumneigung – gerade für größere Anschaffungen – in erheblichem Maße davon abhängt, ob Arbeitnehmer um ihren Job bangen, wundert es Bürkl nicht, dass die Anschaffungsneigung trotz der rückläufigen Einkommenserwartung sogar leicht zulegen konnte. Der entsprechende Indikator liegt mit 55,4 Zählern exakt auf dem Niveau von Juli 2015. Bei den Einkommenserwartungen hat sich laut Bürkl das ständige Auf und Ab, das seit November 2015 herrscht, fortgesetzt. Auch wenn das Minus im Juli den Zuwachs des Vormonats überstieg, blieben die Deutschen nach wie vor überaus optimistisch, was die Entwicklung ihrer Einkommen betreffe, sagte Bürkl: “Und das völlig zu Recht.” Er erwartet weiterhin, dass die realen privaten Konsumausgaben 2016 um etwa 2 % steigen werden und damit eine wichtige Stütze der Konjunktur bleiben.