Versicherer sehen großen Nutzen bei ÖPP-Projekten
Von Ulli Gericke, BerlinNicht bei allen sogenannten Win-win-Situationen haben am Ende beide Beteiligten gewonnen. Dass aber eine der vielgepriesenen Win-win-Möglichkeiten seit Jahrzehnten angeboten wird wie sauer Bier, dürfte dann doch einmalig sein. “Ökonomisch sind öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) eine Win-win-Situation”, ist Klaus Wiener überzeugt, Chefvolkswirt des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). “Sowohl der Steuerzahler bzw. die Volkswirtschaft als auch die Investoren profitieren von einer höheren Investitionsquote in Realkapital.”Zu diesem Schluss kommt ein gemeinsames Gutachten “Volkswirtschaftlicher Nutzen privater Infrastrukturbeteiligungen”, das der GDV zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erarbeitet hat. Darin wird auf der einen Seite der ständig größer werdende Investitionsstau allein in den Kommunen von inzwischen 135 Mrd. Euro beklagt. Andererseits stünden private Investoren – wie etwa Versicherungsgesellschaften – bereit, bei der Umsetzung dieser längst überfälligen Investitionen zu helfen. Mit Hilfe von ÖPP erstellte Straßen, Schulen und Brücken könnten laut Studie auch preisgünstiger gebaut werden. Am Beispiel eines Autobahnprojekts rechnet IW-Experte Thilo Schaefer vor, dass “die Kostenersparnis, die sich durch die schnellere Durchführung und damit geringere Reisezeiten erreichen lässt, größer ist als die höheren Finanzierungskosten der Privaten”. Die absoluten Beträge bei diesem Beispiel entsprächen einem internen Zinsfuß von 3,6 % für die private gegenüber 4,0 % für die konventionelle staatliche Beschaffung.Gleichwohl muss Schaefer einräumen, “ÖPP hat in Deutschland einen relativ schlechten Ruf” – obwohl Versicherer und die Baubranche seit vielen Jahren für mehr ÖPP-Projekte trommeln und bei der Vertragsgestaltung in jüngerer Vergangenheit merklich nachgebessert worden sei. International würden etwa 10 % der großen Infrastrukturvorhaben der öffentlichen Hand zusammen mit der Privatwirtschaft abgewickelt, in Deutschland seien es dagegen lediglich 4 %. Die Versicherer ihrerseits hätten gerade einmal 0,46 % ihrer Gesamtanlagen in Infrastruktur investiert – und davon nur ein Drittel hierzulande. Als Gründe listet Wiener das unzureichende Angebot in Deutschland auf sowie fehlende Rechtssicherheit, den hohen Aufwand für den Aufbau entsprechender Expertise und den “oftmals leider fehlenden politischen Willen”, ÖPP-Projekte anzuschieben – trotz vermeintlicher Win-win-Situation.