Vertrauen in Eurolands Binnenkräfte

Prognostiker sehen zunehmend Inlandsnachfrage als Wachstumsmotor - Außenbeitrag dagegen geringer

Vertrauen in Eurolands Binnenkräfte

Die Binnenkräfte gewinnen in Eurolands Konjunktur die Oberhand. Das aktuelle Prognosetableau von Börsen-Zeitung und ZEW zeigt eine Verschiebung der erwarteten Wachstumstreiber hin zur inländischen Nachfrage.ks Frankfurt – Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone wird künftig stärker von der Binnennachfrage getragen. Davon zeigt sich das Gros der Bankenvolkswirte und Forschungsinstitute überzeugt, deren Prognosen das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für die Börsen-Zeitung auswertet.Die jüngste amtliche Gesamtrechnung für die Volkswirtschaft der Eurozone im ersten Quartal 2015 zeigt zwar nur ein “unverändert moderates Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,4 % zum Vorquartal an, also annualisiert 1,6 %”, wie ZEW-Experte Michael Schröder herausstreicht. Der Volkswirt verweist in diesem Zusammenhang aber auf eine “deutliche Veränderung bei den Wachstumstreibern”. So hätten sich im ersten Quartal 2015 die Beiträge vor allem des Staatskonsums und der Anlageinvestitionen verstärkt. Auch der private Konsum habe noch etwas zugelegt. Der Außenbeitrag sei dagegen “klar rückläufig und ist inzwischen sogar negativ”.Bei den Wachstumsprognosen für 2015 und 2016 hat sich laut Konjunkturtableau im Vergleich zur vorherigen Zusammenstellung von vor zwei Monaten (vgl. BZ vom 5. Juni) für das BIP des Eurogebiets zwar auch nichts geändert. Der Median liegt nach wie vor bei plus 1,4 % für 2015 und 1,6 % für 2016. Den Binnenkräften wird aber ein größerer künftiger Zuwachs zugeschrieben als noch vor zwei Monaten. Der Export dürfte 2015 etwas geringer steigen als bislang gedacht, nächstes Jahr aber dafür kräftiger anziehen.”Erfreulich” ist laut Schröder, dass die Inflationsrate im Eurogebiet mit derzeit 0,2 % nach wie vor praktisch null ist. Dies soll nach den hier betrachteten Prognosen auch für das gesamte Jahr 2015 so bleiben. Für 2016 wird, wie schon zuvor, im Mittel ein Anstieg auf 1,3 % erwartet.Aktuell ist auch kein Teuerungsschub erkennbar. Auf der Industrieebene etwa hat sich im Juni der Preisverfall im Vorjahresvergleich auf 2,2 % vergrößert, von 2,0 % im Mai.Bei Zinsen und Zinsdifferenzen hat sich gegenüber Anfang Juni wenig verändert. Ein weiterer Anstieg der langfristigen Zinsen im Eurogebiet ist bislang ausgeblieben, die Rendite der zehnjährigen Anleihen ist sogar von 0,7 auf 0,59 % zurückgegangen. Interessant ist für Schröder jedoch, dass die Prognosen der Renditen für zehnjährige Staatsanleihen deutlich angehoben wurden. Für das Jahr 2015 wird mit einem mittleren Wert von 0,9 % gerechnet, für 2016 soll im Mittel sogar ein weiterer Anstieg auf 1,2 % eintreten. Spürbare Kursrückgänge bei den langfristigen Anleihen im Eurogebiet wären damit programmiert.Bezüglich der Geldpolitik in den USA und im Eurogebiet zeigen die Zahlen, dass für 2015 noch keine Anhebung der kurzfristigen Zinsen prognostiziert wird. Spätestens 2016 soll dann aber die Zinswende in den USA kommen.