ARGENTINIEN

Vertrauensfördernd

Argentiniens Regierung überrascht durch einen unerwarteten Realismus. Ihre am Dienstag ins Parlament eingebrachten Notstandsgesetze sollen die Staatsfinanzen vor allem durch Steuererhöhungen und die Sicherung der Dollarbestände stabilisieren. Falls...

Vertrauensfördernd

Argentiniens Regierung überrascht durch einen unerwarteten Realismus. Ihre am Dienstag ins Parlament eingebrachten Notstandsgesetze sollen die Staatsfinanzen vor allem durch Steuererhöhungen und die Sicherung der Dollarbestände stabilisieren.Falls die Reformen noch vor dem Jahresende durch beide Parlamentskammern kommen, könnte das argentinische Budget im Jahr 2020 um mindestens 1 % zulegen, manche Experten kalkulieren gar mit bis zu 2,2 %. Den privaten Gläubigern tat diese Kunde offenbar sehr wohl. Die Kurse für Staatsanleihen legten deutlich zu – um bis zu 13 % für Titel in Peso.Als vorige Woche bekannt wurde, dass der bisherige Assistent des Wall-Street-Kritikers Joseph Stiglitz zu Argentiniens Finanzminister ernannt wurde, befürchteten viele ein neues Kapitel der Saga “Argentinien gegen den Rest der Finanzwelt”. Doch nun lässt Martín Guzmán keinen Zweifel daran, dass Schulden zurückgezahlt werden müssen. Aber erst dann, wenn das Land dafür die nötigen Mittel generieren kann. Der Minister kann diese Forderungen gut begründen, denn er hat an der Columbia University sämtliche Schuldenkrisen der letzten Jahrzehnte untersucht und beschrieben. Um zwei Jahre Geduld hat er die Gläubiger gebeten.Dass er gleichzeitig deutlich gemacht hat, die Konjunkturbelebung nicht mithilfe der Notenpresse angehen zu wollen, war ein sehr positives Signal. Und dass er auch den politischen Mut aufbrachte, die automatische Anpassung der Renten ans Inflationsniveau auszusetzen, hilft der Glaubwürdigkeit seiner Strategie. Angesichts von 55 % Teuerung im zu Ende gehenden Jahr hätten die Altersbezüge, die zwei Drittel der öffentlichen Budgets ausmachen, um fast 60 % erhöht werden müssen. Dass zudem die Zentralbank dem Finanzministerium 4,5 Mrd. Dollar für den Schuldendienst bereitstellen soll, ist ein überdeutliches Signal für die Zahlungsbereitschaft der neuen Regierung.Dies wird die Schuldenverhandlungen im kommenden Frühjahr beflügeln. Tatsächlich können die Finanzmärkte kein Interesse an einem neuerlichen Ausfall der Zahlungen eines Landes haben, das durchschnittlich 7 % Zinsen zahlt. Und auch beim Internationalen Währungsfonds dürfte niemand auf ein Platzen des größten Kreditpakets aller Zeiten hoffen. Gerade im Wahljahr 2020 wird sich US-Präsident Donald Trump nicht gern die Verantwortung für den größten Missgriff in der Geschichte des Fonds umhängen wollen. Die Argentinier könnten wieder einmal irgendwie davonkommen.