DIE EZB IM KREUZVERHÖR

Volkswirte gehen hart mit EZB ins Gericht

Rettungskurs "ist nicht alternativlos"

Volkswirte gehen hart mit EZB ins Gericht

ms Karlsruhe – Führende deutsche Ökonomen haben teils heftige Kritik am OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) geäußert und klargestellt, dass es aus ihrer Sicht sehr wohl Alternativen zum potenziellen Kauf von Staatsanleihen gibt. Die EZB bewege sich mit der Ankündigung, im Notfall Staatsanleihen reformwilliger Euro-Staaten aufzukaufen, in einer “Grauzone zwischen Geld- und Fiskalpolitik”, bemängelte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest, gestern vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. “Diese Retterei ist außerordentlich gefährlich”, sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. Er warnte vor Risiken in Billionenhöhe.Fuest sagte, dass der Kurs der EZB und der anderen Euro-Retter nicht alternativlos sei. Er plädierte für einen harten Schnitt: Wo nötig, müssten die Schulden der Euro-Länder restrukturiert werden, um die Staatsfinanzen wieder auf eine solide Basis zu stellen. Zudem müssten die Bankbilanzen rigoros bereinigt werden, im Notfall auch durch die Beteiligung privater Gläubiger. Ein solcher Kurs könne kurzfristig für Turbulenzen sorgen, die Lage werde sich aber schnell wieder beruhigen. Ohne solche Maßnahmen könne es keine wirtschaftliche Erholung geben. Kritikern den Rücken gestärktMit ihren Aussagen stärkten die Volkswirte im Wesentlichen den Kritikern der Euro-Rettungspolitik und des EZB-Kurses den Rücken, die vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt haben. Gestern und vorgestern verhandelte das Gericht in mündlicher Anhörung, das Urteil wird nicht vor September erwartet. Die Volkswirte waren als Sachverständige geladen worden.Fuest wandte sich auch explizit gegen das Argument der EZB, sie müsse mittels OMT dafür sorgen, dass die Geldpolitik wieder in allen Euro-Ländern wirkt. Derzeit sieht sie diesen Transmissionsmechanismus durch die “Fragmentierung” der Eurozone, also die teils stark unterschiedlichen Zinssätze vor allem für Firmenkredite, als gestört an. Fuest sagte, es sei “nicht Aufgabe der EZB”, für die richtigen Bedingungen zu sorgen.EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen widersprach der Kritik und verteidigte OMT vor allem auch gegen Einwände, dass es vor allem um die Rettung der Krisenländer und somit um Fiskal- und nicht um Geldpolitik gehe. “Es ist nicht das Ziel von OMT, Staatsinsolvenzen zu vermeiden”, sagte Asmussen. Es gehe nur darum, irrationale Spitzen bei Risikoaufschlägen für einzelne Länder zu korrigieren.Bereits am Dienstag hatte er zudem klargemacht, dass die EZB nicht unbegrenzt Staatsanleihen kaufen werde. Zwar betont die EZB stets, dass es ex ante keine Höchstgrenzen gebe. Das Programm sei aber “faktisch begrenzt”, hatte er gesagt und darauf verwiesen, dass etwa nur bestimmte Laufzeiten gekauft würden und es noch andere Konditionen gibt. IWF steht hinter EZBIn einem gestern veröffentlichten Interview hatte sich die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hinter die EZB und OMT gestellt. Erst das Eingreifen der EZB habe die Lage in der Währungsunion stabilisiert und mögliche Staatsbankrotte verhindert, sagte Lagarde der Zeitung. Ohne diese Zusage “gäbe es heute in der ganzen Eurozone wirtschaftliche Stagnation, höhere Arbeitslosigkeit und noch mehr soziale Spannungen”, sagte sie der “Süddeutschen Zeitung”. Die Ankündigung des OMT-Programms sei “der Wendepunkt” gewesen.Die Ankündigung unbegrenzter Interventionen habe vor allem dazu gedient, die Märkte zu erziehen. Bei der US-Notenbank Fed beispielsweise sei jedem Händler klar, dass es sich nicht lohne, gegen sie zu spekulieren. Die EZB als noch junge Institution müsse sich eine vergleichbare Stellung erst noch erarbeiten. Darauf habe die Ankündigung gezielt.