AUFREGUNG UM EU-PERSONALPAKET

Von-der-Leyen-Nominierung stellt Groko vor Zerreißprobe

Ex-SPD-Chef Gabriel fordert Austritt aus Koalition

Von-der-Leyen-Nominierung stellt Groko vor Zerreißprobe

Von Julia Wacket, FrankfurtDie Nominierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als EU-Kommissionspräsidentin hat neuen Krach in der großen Koalition ausgelöst, und nicht wenige fürchten, dass es nun endgültig zum Bruch der Groko kommen könnte. SPD-Politiker kritisierten, mit dem Vorschlag werde das europäische Spitzenkandidatensystem quasi beerdigt und die Demokratie beschädigt. “Es ist nicht das Versprechen, das den Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl gegeben wurde”, sagte die frühere Justizministerin und jetzige EU-Abgeordnete Katarina Barley. Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel sah sogar einen Grund für seine Partei, die Regierung zu verlassen. Laut dem früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz ist von der Leyen “die schwächste Ministerin der Regierung”; “[aber] anscheinend genügt eine solche Leistung, um Chef der Kommission zu werden”.CSU-Chef Markus Söder kritisierte die SPD für deren Ablehnung des Personalpakets des EU-Rats. Dass die Bundeskanzlerin bei der Abstimmung gezwungen war, sich zu enthalten, sei “ein einzigartiger Fall in der Geschichte der Bundesrepublik und eine echte Belastung für diese Koalition”. Der EU-Rat habe die Pflicht, dem Europaparlament einen Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten vorzuschlagen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.Die Kritik der SPD an von der Leyen mag bei einer Kompromissfindung im EU-Personalpoker nicht weiterhelfen, sie ist aber auch nicht gänzlich unberechtigt. Nur wenige deutsche Ministerien haben im Laufe der Jahre so viele negative Schlagzeilen gemacht wie ihre. Zahlreiche Krisen belasten von der Leyens Behörde: die Berateraffäre, der Korruptionsskandal um die Gorch Fock, die grundsätzlichen Probleme in der Bundeswehr. Von der Leyen ist keine Europapolitikerin gewesen, hat nicht in europäischen Institutionen gearbeitet und war auch keine Kandidatin für eines der europäischen Spitzenämter. Dennoch wurde sie jetzt für einen der mächtigsten Posten in Europa ernannt. Viele Bürger und Politiker würden lieber die Liberale Margrethe Vestager an der Spitze der EU-Kommission sehen. Spahn möglicher NachfolgerDas EU-Parlament wird Mitte Juli über die Personalie abstimmen. Ob von der Leyen eine Mehrheit findet, ist offen. Sollte von der Leyen als Kommissionspräsidentin bestätigt werden, dann hinterlässt die 60-Jährige ein Ministerium voller Baustellen. Der Name Jens Spahn fällt bei den Spekulationen um die mögliche Nachfolge von der Leyens am häufigsten. Daneben werden die drei Verteidigungsexperten Johann Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion für Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, Henning Otte, Obmann der CDU/CSU im Verteidigungsausschuss des Bundestags, und Ex-CDU-Generalsekretär und Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber für das Amt gehandelt.