Vorbehalte in Finanzbranche
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Die deutsche Finanzbranche sieht wesentliche Aspekte der neu gefassten EZB-Strategie kritisch. In einer Umfrage unter Fach- und Führungskräften, die vor Abschluss der Strategieüberprüfung anlief, sprachen sich circa 37% dafür aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nach dem Vorbild der US-Notenbank Fed eine durchschnittliche Inflationsrate anpeilen sollte, also temporär stärker steigende Verbraucherpreise toleriert. Etwa 60% der vom Frankfurter Center for Financial Studies (CFS) Befragten zogen ein Festhalten am bisherigen Inflationsziel von knapp 2% vor.
Tatsächlich haben die Euro-Währungshüter ihr Inflationsziel verändert: Sie streben nun mittelfristig glatt 2% an und tolerieren in gewissem Maße ein zeitweises Überschießen der Inflation. Die Fed geht nach Auffassung von Beobachtern noch einen Schritt weiter, indem sie nach Jahren mit Inflation deutlich unter Ziel nun auf eine durchschnittliche Inflationsrate von 2% („Average Inflation Targeting“) zielt.
Überwiegend kritisch beurteilten die etwa 250 Teilnehmer aus Finanzinstituten und -institutionen auch eine stärker „grüne“ Komponente der Geldpolitik. Dieses Ansinnen, beispielsweise über den Ankauf von Green Bonds, lehnen laut CFS 64% ab, 32% sind dafür. Sorgen bereitet vielen Marktteilnehmern auch das viel diskutierte Thema fiskalische Dominanz, also eine Ausrichtung der Geldpolitik an den Bedürfnissen der Fiskalpolitik. 83% der Befragten äußern angesichts der in der Coronakrise nochmals ausgeweiteten Käufe von Staatsanleihen die Sorge, dass ein Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik immer schwieriger wird, weil die Staaten auf Anleihekäufe und Dauerniedrigzinsen angewiesen sind. 12% widersprechen diesem Eindruck.