Vorstoß für Preiskontrollen löst Widerspruch aus
rec/ms Frankfurt
Italiens Notenbankchef Ignazio Visco hat angesichts stark gestiegener Energiepreise vorübergehende Preiskontrollen ins Spiel gebracht – und damit eine Kontroverse ausgelöst. Visco zeigte sich bei der ECB Watchers Conference beunruhigt über den starken Anstieg der Öl- und Gaspreise und forderte rasche Gegenmaßnahmen auf europäischer Ebene, darunter „eine kurze Phase regulierter Preise“. Das sorgte für Kritik von Ökonomen. Zuvor hatte EZB-Direktorin Isabel Schnabel von einer „neuen Ära der Energiepreis-Inflation“ gesprochen.
Der Krieg in der Ukraine hat für einen Energiepreisschock gesorgt. Öl kostet erstmals seit Jahren mehr als 100 Dollar pro Fass, was sich vor allem in stark gestiegenen Spritpreisen niederschlägt. Einige Regierungen im Euroraum wie in Frankreich und den Niederlanden haben bereits Entlastungen etwa für Autofahrer beschlossen, andere wie die Bundesregierung und Italiens Regierung stehen kurz davor. Die Preise für Gas wiederum sind im Euroraum auf nie gekannte Höhen geschossen, was vor allem die Industrie besorgt.
Visco sagte, Gas sei im Euroraum derzeit etwa zehnmal teurer als Anfang 2020. Nun sei die Fiskalpolitik gefragt, um für Entlastung gegen „exzessive Preisanstiege“ zu sorgen. Angesichts nur moderat steigender Löhne „kann die Hauptantwort nicht von der Geldpolitik kommen“, sagte Visco und spielte damit auf Rufe nach Zinserhöhungen gegen die Inflation an. Der Wirtschaftswissenschaftler Philippe Martin von der Pariser Universität Sciences Po plädierte daraufhin gegen „ein temporäres Einfrieren der Preise“. Stattdessen sprach Martin sich für Rabatte auf Energierechnungen von Geringverdienern und eine Sondersteuer für Energieunternehmen aus. Elga Bartsch, Chefvolkswirtin von Blackrock, zeigte sich „besorgt“ über die Idee von Preiskontrollen und Transfers. Die Fiskalpolitik müsse zum Übergang zu anderen Energieträgern beitragen.
Überhaupt sorgte das Thema Klimawandel und dessen Folgen für die Geldpolitik für Diskussionen. Schnabel sagte, dass jetzt eine „neue Ära der Energiepreis-Inflation“ eingeläutet werde. Als Gründe verwies sie auf die Abkehr von klimaschädlichen Energieträgern, die durch den Ukraine-Krieg noch einmal beschleunigt werde. „Durch diese Phase hindurchzusteuern wird Solidarität und politische Kooperation auf allen Ebenen erfordern – in Europa und auch national“, sagte Schnabel.
Das bleibe nicht ohne Folgen für die EZB. „Die Geldpolitik kann die Auswirkungen des grünen Wandels nicht einfach ignorieren, wenn sie das Erreichen unseres primären Mandats der Preisstabilität zu gefährden drohen“, sagte sie. Schon jetzt wälzten etwa Unternehmen die hohen Energiekosten auf die Verbraucher ab, was dazu beitrage, dass die Inflation an Breite gewinne. Die Geldpolitik „wird die Kaufkraft der Menschen schützen, indem sie dafür sorgt, dass sich die derzeitige langwierige Phase hoher Inflation nicht in den Erwartungen verfestigt“. Zugleich werde sie aber Wachstum und Beschäftigung fördern.