ITALIEN

Wahlkampfgetöse

Die Europawahl naht. Sie ist die erste große Bewährungsprobe an den Urnen für die populistische italienische Regierung aus 5 Stelle und Lega. Derzeit kommen die beiden Parteien in Umfragen auf Zustimmungswerte von 60 %. Allerdings profitiert nur die...

Wahlkampfgetöse

Die Europawahl naht. Sie ist die erste große Bewährungsprobe an den Urnen für die populistische italienische Regierung aus 5 Stelle und Lega. Derzeit kommen die beiden Parteien in Umfragen auf Zustimmungswerte von 60 %. Allerdings profitiert nur die rechtsnationale Lega. Seit den Parlamentswahlen im März 2018 hat sie von 17 auf 35 % Zustimmung zugelegt. 5 Stelle ist von 32 auf 25 % abgesackt.Konfrontationen tragen dazu bei, das Profil zu schärfen und den Anhang zu mobilisieren. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist da der ideale Gegner. Dass er die Populisten in Europa mit der Krankheit Lepra verglichen hat, Flüchtlinge an der italienisch-französischen Grenze in Ventimiglia konsequent zurückweist, französische Häfen nicht für Flüchtlingsschiffe öffnet und auch die Umverteilung von Flüchtlingen aus Italien kaum umsetzt, trägt zur Verschärfung bei. Mit Schadenfreude wurde in Rom registriert, dass die Gelbwesten-Bewegung Macron zu Zugeständnissen zwang. Frankreichs Staatsdefizit wird mit klar über 3 % der Wirtschaftsleistung vermutlich höher ausfallen als das italienische. Dass plötzlich die geplante Übernahme des Werftenkonzerns Chantiers de l’Atlantique durch die italienische Fincantieri auf der Kippe steht, während französische Unternehmen seit Jahren massiv italienische Luxusgüterkonzerne, Banken, Energieunternehmen und andere übernehmen, ist aus römischer Sicht kein Zufall.Die Verschärfung des Konflikts hat vor allem wahltaktische Gründe. 5-Stelle-Anführer Luigi Di Maio will den Niedergang seiner Partei bremsen. Denn sie hat sich zwar bei der Mindestsicherung durchgesetzt, ist aber gegenüber dem omnipräsenten Lega-Chef Matteo Salvini kaum wahrnehmbar und hat aus Sicht ihrer Anhänger in Sachen Infrastruktur-, Sicherheitspolitik und Steueramnestie zu viele Kompromisse gemacht. Mit einer vermeintlich antikolonialistischen Politik will 5 Stelle aufholen. Es kommt bei den Anhängern gut an, auf Paris einzuschlagen, denn Frankreich interveniert regelmäßig in Afrika, um seine wirtschaftlichen Interessen vor allem hinsichtlich Rohstoffen zu wahren. Auch die Intervention in Libyen 2011 nimmt Rom Paris nach wie vor übel.Die Konfrontation mit Paris hat für 5 Stelle zudem den Charme, dass sie da mit der Lega an einem Strang zieht. Sowohl 5 Stelle, die bei der Europawahl gern ein Bündnis mit den Gelbwesten eingehen würden, als auch die Lega, die mit der Rechtsradikalen Marine Le Pen paktiert, streben eine Stärkung der Populisten im Europaparlament an, um die ungeliebten Haushaltsregeln endlich aushebeln zu können.