"Weckruf" für die Parteien
Die deutsche Wirtschaft warnt vor Fremdenhass als Folge des Erstarkens der rechtspopulistischen AfD in drei Landtagswahlen. Ausländische Investoren könnten abgeschreckt werden, lautet die Befürchtung.wf/ks Berlin/Frankfurt – Industriepräsident Ulrich Grillo hat das Ergebnis der Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt als “Weckruf für verantwortungsvolle Parteien” gewertet. Zugleich blickt er mit Sorge auf potenzielle Auslandsinvestoren. “Es ist überhaupt nicht auszuschließen, dass der teilweise hohe Zuspruch für rückwärtsgewandte Parteien wie AfD oder Linke Investoren abschreckt”, erklärte der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie in Berlin. Die Alternative für Deutschland (AfD) hatte in allen drei Bundesländern aus dem Stand heraus zweistellige Ergebnisse eingefahren und zieht erstmals in diese Landtage ein.Die AfD sei ohne “jegliche inhaltliche Kompetenz”, konstatierte Grillo. Die Linke ist vor allem in Sachsen-Anhalt stark, wo auch die AfD ein besonders hohes Ergebnis erzielte (siehe Grafik). “Da muss man sich in Sachsen-Anhalt schon Sorgen machen”, stellte Grillo fest. Linken-Parteivorsitzende Katja Kipping machte indessen vor der Presse in Berlin das Wirtschaftsmodell des “Neoliberalismus” für das Wahlergebnis verantwortlich.”Die verantwortungsvollen Parteien müssen die Ergebnisse als Weckruf verstehen”, erklärte Grillo. “Die inhaltlich arbeitenden Parteien haben nun den Auftrag, das Ansehen Deutschlands durch verantwortungsbewusste Politik zu steigern.” Wichtiger denn je sei es, den Weg zu erklären, wie die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen gelingen könne, unterstrich der BDI-Präsident. Es gebe “Chancen und Möglichkeiten für unser Land”. Sie seien das beste Rezept gegen rechtspopulistische Tendenzen. Parolen statt PersonenDie Wirtschaftsstärke Deutschlands sei ein hohes Gut, so Grillo. Die deutsche Gesellschaft profitiere außerordentlich von den weltweiten Erfolgen der Unternehmen. “Die sind nur möglich, weil wir uns international engagieren. Das ist aber keine Einbahnstraße”, erklärte der BDI-Präsident. Ihm schienen mehr Parolen als Personen gewählt worden zu sein. Damit könne man auf Stimmenfang gehen – als langfristig tragbar habe sich dies jedoch noch nie erwiesen.Auch der Digitalverband Bitkom warnte vor Fremdenfeindlichkeit und dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien und nationalistischer Positionen. Bitkom-Präsident Thorsten Dirks erklärte: “Wenn Deutschland seinen Wohlstand und seine sozialen Errungenschaften sichern will, muss es die digitale Transformation mit aller Kraft vorantreiben.”Dies werde aber nur gemeinsam mit einem starken Europa und mit Hilfe ausländischer Fachkräfte gelingen, strich Dirks heraus. Das Erstarken rechtspopulistischer Parteien und der Zuspruch für nationalistische Positionen könnten der deutschen Wirtschaft daher massiven Schaden zufügen.Der Präsident des Verbands Die Familienunternehmer, Lutz Goebel, mahnte ein Integrationskonzept für Flüchtlinge an. “Bis heute liegt kein Integrationskonzept der Bundesregierung vor, wie wir die Flüchtlinge in die Arbeitswelt und dadurch in die Gesellschaft integrieren.”Auch aus dem Kreis der Unternehmen selbst waren besorgte Stimmen zu hören. So zeigte man sich beim Technologiekonzern Bosch beunruhigt über die Wahlerfolge der AfD. “Als internationales und global agierendes Unternehmen setzen wir uns dafür ein, dass Baden-Württemberg ein weltoffenes Land bleibt”, sagte ein Sprecher nach der Wahl. “Deswegen sehen wir das Ergebnis der AfD – auch über Baden-Württemberg hinaus – mit großer Sorge.”—– Leitartikel Seite 6