DIE TÜRKEI IN DER KRISE

Welche Optionen Ankara jetzt hat

Kapitalkontrollen, IWF, Russland oder US-Deal

Welche Optionen Ankara jetzt hat

Von Mark Schrörs, FrankfurtDie Währungskrise in der Türkei spitzt sich weiter zu – und droht immer mehr zu einer Finanz- und Wirtschaftskrise zu werden. Den größten Handlungsbedarf sehen Experten im Land selbst – durch eine Leitzinserhöhung, Strukturreformen und eine straffere Fiskalpolitik. Was aber, wenn das nicht mehr ausreicht? Welche Optionen hat Ankara noch – zumal mit Blick auf Finanzhilfen?- Kapitalkontrollen:Es gab bereits Diskussionen über die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen. In der Euro-Krise haben Zypern und Griechenland zu diesem Instrument gegriffen. Während einige Volkswirte einen solchen Schritt als notwendig und richtig ansehen, warnen andere wie Paul Greer von Fidelity International angesichts der sehr offenen Wirtschaft der Türkei und des hohen externen Finanzierungsbedarfs davor. Manch einer befürchtet dann gar einen noch stärkeren Lira-Verfall und einen Kollaps von Investitionen und Wachstum.- IWF-Hilfen:Eine Option für die Türkei wäre, Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu beantragen – ähnlich wie 2001. Mancher schätzt den Bedarf aktuell auf 20 Mrd. bis 40 Mrd. Dollar. Ein solches Beistandsabkommen könnte die Märkte beruhigen und die externe Verwundbarkeit reduzieren. Die Experten der DZ Bank gehen aber davon aus, dass der Gang zum IWF für Ankara vermutlich “die bitterste Pille” wäre. Das Land müsste sich einem Reformprogramm unterwerfen, das in vielem nicht dem entsprechen dürfte, was Präsident Recep Tayyip Erdogan vorschwebt. Hinzu kommt, dass die USA im IWF das höchste Gewicht haben. Erdogan lehnte eine IWF-Intervention denn auch schon ab. “Wir wissen sehr gut, dass die, die uns ein Geschäft mit dem IWF vorschlagen, uns eigentlich vorschlagen, die politische Unabhängigkeit unseres Landes aufzugeben”, sagte er am Wochenende.- Hinwendung gen Osten:Statt an den IWF könnte sich Ankara auch bilateral an andere Länder wenden – wie etwa Russland oder auch China. Am Wochenende warf Erdogan den USA in einem Gastbeitrag in der “New York Times” Respektlosigkeit vor und drohte, “nach neuen Freunden und Verbündeten” zu suchen. Das würde zu seiner Abneigung gegen den Westen passen. Russland befindet sich zudem laut eigener Aussage ohnehin gerade im “Wirtschaftskrieg” mit den USA unter Präsident Donald Trump. Viele Beobachter zweifeln aber, ob Moskau über genug Mittel verfügt, Ankara zu helfen. Die Feuerkraft Chinas wäre sicher größer, aber auch die Volksrepublik hat derzeit eigene Probleme, und es ist fraglich, ob Peking den Westen vergrätzen will. – Einigung mit den USA:Mit dem eskalierenden Konflikt mit den USA hat sich die Währungskrise in der Türkei dramatisch verschärft. Eine Lösung des Konflikts mit den USA könnte – zumal in Kombination mit IWF-Hilfen – folglich wohl deutlich zur Beruhigung der Krise beitragen. Angesichts der gegenseitigen verbalen Attacken der Alphatiere Erdogan und Trump scheint das aktuell aber nur schwer vorstellbar. “Das beste Ergebnis ist auch das am wenigsten wahrscheinliche”, sagt Grant Webster, Portfoliomanager bei Investec Asset Management.