Welthandel nimmt dieses Jahr ab

ING: Trotz Annäherung im Handelsstreit zwischen China und den USA sinken die Handelsströme

Welthandel nimmt dieses Jahr ab

Laut der Bank ING wird der globale Handel in diesem Jahr um 0,2 % sinken. Grund ist nicht nur der Handelsstreit zwischen den USA und China. Neben politischen Konfliktherden wie dem Brexit kommen noch weitere Faktoren dazu. Die Commerzbank spricht schon von einer Phase der De-Globalisierung.dh Frankfurt – Noch bevor der Handelsstreit zwischen den USA und China eskalierte, waren sich Volkswirte und Experten einig, dass 2019 für den Welthandel ein schwieriges Jahr werden würde. Denn in den letzten zwei Monaten 2018 fielen die Handelsströme um mehr als 3 %. Die niederländische Bank ING erwartet für 2019 eine Abschwächung von 0,2 % zum Vorjahr. Dabei gehen sie davon aus, dass ein Handelsdeal im zweiten Quartal 2020 erzielt wird. Im kommenden Jahr werden die Handelsströme dann wieder auf Basis einer Einigung moderat um 0,9 % steigen.Vor allem die Industrieproduktion, ein normalerweise zuverlässiger Treiber des Güterhandels, verzeichnete im ersten Halbjahr 2019 geringe Wachstumsraten. Das durchschnittliche Produktionsniveau war in den ersten sechs Monaten nur um 0,7 % höher als 2018. In der Eurozone und Japan ging die Industrieproduktion gar zurück. Auch die Aussichten für die verbleibenden Monate in 2019 versprechen keine Besserung.Die Purchasing-Manager-Indizes (PMI) verdeutlichen die schlechte Lage in dem Sektor. Geringere Aufträge für Industrieunternehmen werden weltweit aufgrund der unter 50 konvergierenden PMIs erwartet. Zusätzlich zum Handelsdisput zwischen den zwei größten Volkswirtschaften bestärken der Brexit und mögliche US-Zölle auf europäische Autoimporte die Unsicherheit. Entspannung in Sicht?Eine Einigung im Handelskonflikt sehen Raoul Leering, Head of International Trade Analysis bei ING, und Timme Spakman, Economist bei ING, trotz wiederaufgenommener Gespräche zwischen der chinesischen und US-amerikanischen Seiten ab dem heutigen Donnerstag momentan nicht. Allerdings glauben sie an eine baldige Änderung der Einstellung von US-Präsident Donald Trump. In den Prognosen von ING schrumpft nämlich die US-Wirtschaft in den kommenden zwei Quartalen. Als Grund führen die Experten den Handelsstreit auf, der bislang keinen wirklichen Einfluss auf die positiven Wachstumsraten der Ökonomie hatte. Diesen Abschwung würden auch die Bürger zu spüren bekommen. Die daraus resultierende Stimmung würde sich auf die Umfrageergebnisse Trumps negativ auswirken, was ihn dazu bewegen könnte, seine Forderungen gegenüber China zu senken und einen Deal Anfang 2020 anzustreben.Auch bei den drohenden Zöllen auf Autos aus der EU und Japan bleibt ING optimistisch. “Wir denken, dass Trump weiterhin der EU drohen wird, aber es dabei bis nach der Wahl belässt”, meinen Leering und Spakman. Eine Entspannung gebe es laut den Experten sogar zwischen den USA und Japan. Ein Headline Agreement wurde beschlossen und auch ein kompletter Handelsvertrag scheint nach Aussagen von Larry Kudlow, Direktor des National Economic Council, noch diesen Monat möglich. Phase der De-Globalisierung Während über Dekaden hinweg die Integration der Weltwirtschaft zugenommen hat, entfernen sich die Länder der Welt seit zehn Jahren zusehends voneinander. Zu diesem Ergebnis kam eine Analyse der Commerzbank. Sie prognostiziert eine andauernde Phase der De-Globalisierung, nachdem schon in den letzten zehn Jahren der internationale Handel mit Waren und Dienstleistungen um ein Drittel langsamer gewachsen ist als die Weltproduktion.Denn zusätzlich zu den Zöllen belasten weitere Faktoren den weltweiten Handel. Der wohl bedeutendste ist der Protektionismus, der nicht erst seit Trump eine Renaissance erlebt, analysiert Marco Wagner, Senior Economist der Commerzbank. So hätten in den Jahren nach der Finanzkrise die G20-Staaten jährlich bereits rund 200 handelsbeschränkende Maßnahmen implementiert, die ab 2013 noch einmal kräftig auf 800 gestiegen sind.Hinzu kommen nach Auffassung der Commerzbank die Verkürzung von Wertschöpfungsketten der Produzenten, welche die Produktion wieder ins Inland zurückholen oder zumindest in das nähere regionale Umfeld, oder die geringeren ausländischen Direktinvestitionen aufgrund der wirtschaftspolitischen Unsicherheiten. Zudem ermöglichen neue Technologien wie beispielsweise der 3D-Druck die Produktion vor Ort und machten den internationalen Handel teilweise obsolet.