WTO

Welthandel nimmt Kurs auf Vorkrisenpfad

Die Erholung geht laut Welthandelsorganisation (WTO) schneller vonstatten als gedacht. Die WTO-Chefin sieht in der ungleichen Verteilung von Impfstoffen das größte Risiko.

Welthandel nimmt Kurs auf Vorkrisenpfad

rec Frankfurt

Nach dem beispiellosen Kollaps vor einem Jahr schreitet die Aufholjagd im globalen Warenverkehr überraschend zügig voran. Die Chefin der Welthandelsorganisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala, sagte bei der Vorstellung des WTO-Ausblicks für den Welthandel: „Die starke Erholung seit Mitte vorigen Jahres hat dazu beigetragen, den Schlag der Pandemie für Menschen, Unternehmen und Volkswirtschaften abzumildern.“ Das größte Risiko für die Weltwirtschaft sieht die Nigerianerin in der ungleichen Verteilung von Impfstoffen gegen das Coronavirus. Der Zugang zu Impfstoffen auf breiter Front müsse daher Priorität für alle Regierungen haben. Entsprechende Vorstöße von WTO-Mitgliedstaaten und der WTO-Chefin selbst stocken allerdings.

Laut den Ökonomen der Genfer Organisation, die für die Regeln des Welthandels zuständig ist und den 164 Mitgliedern ein gemeinsames Forum bietet, sind die Umfänge im Warenhandel 2020 um 5,3% zurückgegangen. Das ist deutlich weniger, als die WTO noch vor wenigen Monaten erwartet hatte. Im positiven Szenario könnte der Welthandel bereits gegen Ende dieses Jahres auf den Vorkrisenpfad zurückkehren. Als Basisszenario veranschlagen die WTO-Ökonomen indes ein Wachstum des Güterhandels von 8,0% in diesem und weiteren 4,0% im kommenden Jahr. WTO-Chefökonom Robert Koopman sagte in Genf, bislang erweise sich der Welthandel als starke Stütze für die Erholung der Weltwirtschaft.

Die Prognose entspricht ziemlich genau dem, was die auf globale Lieferbeziehungen spezialisierten Ökonomen von Allianz und Euler Hermes veranschlagen. In ihrer jüngsten Prognose haben sie Probleme durch Lieferengpässe eingepreist. Allenfalls grob abschätzen lassen sich hingegen die Folgen der Blockade im Suezkanal, die mit zusätzlichen Milliardeneinbußen zu Buche schlagen dürfte. Auch die WTO erwähnt die Havarie im Suezkanal in ihrer Prognose nicht. Der Leiter der ägyptischen Kanalbehörde zeigte sich laut Deutscher Presse-Agentur zuversichtlich, dass sich der Frachterstau bis Ende der Woche auflösen werde. Damit verlagern sich die Probleme nun in die Häfen, von denen viele ohnehin am Anschlag sind.

WTO-Chefin Okonjo-Iweala ging auf die Havarie im Suezkanal lediglich am Rande ein. Wichtiger war ihr der Appell in Sachen Impfstoffe. „Eine breite Verteilung ist der beste Stimulus für die Erholung der Weltwirtschaft, den wir haben.“ Viele Entwicklungs- und Schwellenländer liegen mit Impfungen weit zurück. Etliche versuchen auf Betreiben Südafrikas und Indiens vergeblich, über die WTO den Patentschutz für Corona-Impfstoffe für die Dauer der Pandemie auszusetzen. Das Vorhaben scheitert bislang an den großen Industrienationen, die argumentieren, Firmen fehle dann ein entscheidender Anreiz, Impfstoffe zu entwickeln. Als Alternative hat Okonjo-Iweala vorgeschlagen, die Impfstoffentwickler mögen andere Hersteller für die Produktion ihrer Vakzine lizenzieren. Auch diese Initiative kommt eher schleppend voran. Nach Auskunft der WTO-Chefin soll es in zwei Wochen weitere Gespräche mit beteiligten Produzenten geben.