Weltkonjunktur verliert an Fahrt

OECD hält ihre bisherigen Prognosen für zu optimistisch und hat sie deshalb zum Teil deutlich gesenkt

Weltkonjunktur verliert an Fahrt

Das Wachstumstempo auf dem Globus lässt nach. Die Turbulenzen in China haben die Akteure verunsichert. Auch die anderen Schwellenländer enttäuschen. Die erwartete Zinserhöhung der US-Notenbank wird ohnehin auf die Konjunktur durchschlagen. Und auch in Europa läuft es nicht so gut wie erwartet. Die OECD hat darum ihre Prognosen nach unten korrigiert.lz Frankfurt – Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre Wachstumsprognosen wegen der Schwäche Chinas und anderer Schwellenländer nach unten revidiert. Wie die Industriestaatenorganisation mitteilt, rechnet sie für das globale Wachstum im laufenden Jahr nur noch mit einer Steigerung des Realwachstums von 3,0 % statt der vorher erwarteten 3,1 % (siehe Grafik). Für 2016 senkte sie ihre Prognose von 3,8 auf 3,6 %, was aber immer noch eine Verbesserung gegenüber dem laufenden Jahr darstellt. Die Einschätzung ist vor allem vor dem Hintergrund interessant, dass die OECD angibt, eine Anhebung der Leitzinsen in den USA, die für eine weitere Abschwächung in den Schwellenländern sorgen dürfte, darin bereits antizipiert zu haben.Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung der OECD wie die Eurozone in diesem Jahr um 1,6 % wachsen. Für 2016 wurde die Prognose für Deutschland deutlich von 2,4 auf 2,0 % gesenkt, für die Eurozone von 2,1 auf 1,9 %. Von einer deutschen Wachstumslokomotive kann man bei diesem geringen Abstand also kaum mehr reden.Die OECD-Chefökonomin Catherine Mann zeigte sich recht enttäuscht von der Eurozone im Hinblick auf das Tempo der Erholung “angesichts der vielen günstigen Faktoren”. Die sinkenden Ölpreise und historisch niedrige Zinsen hätten eigentlich nach OECD-Berechnungen ein um einen Prozentpunkt höheres Wachstum erwarten lassen. Grund für die schwache Dynamik ist nach ihren Worten die nicht energisch und schnell genug nach unten geschleuste Verschuldung des Privatsektors, was die Kreditvergabe behindere. Und die “Reparatur” des Finanzsektors sei zwar in Angriff genommen, aber noch nicht komplett.Für die USA erwartet die OECD in diesem Jahr ein Plus von 2,4 %, das 2016 noch auf 2,6 % steigen soll. Die US-Wirtschaft profitiere von der schnellen Entschuldung des Privatsektors, wie sie in den USA stattgefunden habe. Das Wachstum erscheint der OECD “solide”. Fed-Zinserhöhung im BlickAngesichts dessen hält die OECD höhere Zinsen durchaus für notwendig. Schon am Donnerstag, erwarten die meisten Ökonomen, wird die Fed ihre erste Leitzinserhöhung seit fast einem Jahrzehnt beschließen. Es wird befürchtet, dass dann Milliarden aus Schwellenländern abgezogen werden und Anleger verstärkt in den USA investieren. Das würde den Dollar aufwerten und die Währungen der Schwellenländer weiter belasten.Das trifft vor allem Brasilien. Die OECD-Chefökonomin zeigt sich besorgt, dass das Land auch im kommenden Jahr in der Rezession stecken wird. Denn ein Anheben der US-Zinsen würde die Schwachstellen in Brasilien noch viel stärker zutage treten lassen. Außerdem dürfte ein überraschend starkes Abflauen der Konjunktur in China die Schwellenländer insgesamt ebenfalls empfindlich treffen.Bei der weiteren Entwicklung der Weltwirtschaft kommt China der OECD zufolge eine Schlüsselrolle zu. Es gebe Hinweise, die auf eine schwächere konjunkturelle Entwicklung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hindeuteten. In China rechnen die OECD-Experten im laufenden Jahr mit einem Wachstum von 6,7 % und im kommenden Jahr nur noch mit 6,5 %. Dagegen geht die Regierung in Peking für das laufende Jahr von einem Wachstum von 7,0 % aus. Sorgen bereitet der OECD in diesem Zusammenhang vor allem das Anwachsen der Unternehmensschulden in China.Den OECD-Daten zufolge lagen diese 2007 noch bei 100 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Inzwischen sind es knapp 160 %. Auch in Brasilien, Russland und der Türkei sei die Unternehmensverschuldung deutlich angestiegen – aber auf einem viel geringerem Niveau (zwischen 40 und 50 %). Ein um zwei Prozentpunkte niedrigeres Wachstum in China über zwei Jahre würde nach den Berechnungen der OECD das Wachstum in Japan in dieser Zeit um jeweils gut einen halben Prozentpunkt niedriger ausfallen lassen und das in den USA um etwa einen Viertelprozentpunkt.