Wenig Hoffnung auf rasche Erholung von Krise

EU-Kommission: Vorkrisenniveau wohl erst Ende 2022 wieder erreicht - Budgetdefizite explodieren

Wenig Hoffnung auf rasche Erholung von Krise

ahe Brüssel – Die EU-Kommission rechnet damit, dass die europäische Wirtschaft die pandemiebedingten Einbrüche erst Ende 2022 wieder ausgeglichen hat. Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verwies bei der Vorstellung der neuen Konjunkturprognose darauf, dass der starke Aufschwung im Sommer durch die zweite Coronawelle wieder unterbrochen wurde. “Das Wachstum wird 2021 zurückkehren, aber es wird zwei Jahre dauern, bis die europäische Wirtschaft fast wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht hat”, sagte er. Den eigentlich erhofften starken Aufschwung im nächsten und übernächsten Jahr werde es so wohl nicht geben.Die EU-Kommission rechnet für 2020 nun mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Eurozone von 7,8 %. Der Rückgang fällt damit weniger stark aus als noch im Juli erwartet, als ein Minus von 8,7 % prognostiziert worden war. Dafür fällt aber auch der für 2021 vorhergesagte BIP-Anstieg im Euroraum mit 4,2 (Juli-Prognose: 6,1) % deutlich geringer aus. 2022 wird dann ein Wachstum von 3,0 % erwartet. Für die gesamte EU rechnet die Brüsseler Behörde in diesem Jahr mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung in Höhe von 7,4 % und einem Wachstum im nächsten Jahr von 4,1 %.Die Europäische Zentralbank (EZB) wird laut ihrem Vizechef Luis de Guindos im Dezember angesichts der zweiten Pandemiewelle wahrscheinlich ihre Konjunkturprognosen senken. “Ich gehe davon aus, dass sie nicht weit entfernt liegen werden von den Projektionen der Europäischen Kommission”, sagte er gestern auf einer Online-Konferenz.Gentiloni verwies darauf, dass die neue Prognose noch mit erheblichen Unsicherheiten und Abwärtsrisiken behaftet sei und stark auch vom weiteren Verlauf der Pandemie und den Lockdown-Maßnahmen in den Mitgliedstaaten abhänge. Die EU-Kommission geht in ihren Prognosen zurzeit davon aus, dass es keinen Handelsdeal mit Großbritannien geben wird. Andererseits hat sie aber auch den 750 Mrd. Euro großen Wiederaufbaufonds, der zurzeit noch verhandelt wird, bislang so gut wie gar nicht berücksichtigt. Spanien besonders betroffenDie großen Euro-Länder Frankreich, Italien und Spanien sind besonders stark vom Einbruch der Konjunktur betroffen. Für Spanien sagte die Kommission für dieses Jahr einen BIP-Rückgang von 12,4 % voraus. Für Deutschland erwartet die Brüsseler Behörde hingegen für dieses Jahr nur ein Minus von 5,6 % und für 2021 und 2022 dann ein Wachstum von 3,5 und 2,6 %.Auch in den Arbeitslosenzahlen macht sich die Pandemie mittlerweile bemerkbar: Im Euroraum klettert die Erwerbslosenquote laut den Prognosen in diesem Jahr auf 8,3 (Vorjahr: 7,5) % und nächstes Jahr weiter auf 9,4 %. Auch hier zeigen sich große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Während Deutschland 2020 eine Arbeitslosenquote von lediglich 4,0 % verbucht, liegt diese in Spanien bei 17 % und in Griechenland sogar bei 18 %.Heftige Auswirkungen haben die im Zuge der Coronakrise ausgeschütteten Finanzhilfen auch auf die Haushaltsdefizite und die Staatsverschuldung. Im Euroraum liegt das Budgetdefizit in diesem Jahr bei 8,8 (0,6) % und 2021 bei 6,4 %. Mit Spanien, Belgien, Italien und Frankreich verbuchen gleich vier Euro-Staaten in diesem Jahr ein Defizit im zweistelligen Prozentbereich. Deutschland liegt mit 6,0 % am anderen Ende der Skala, nur noch unterboten von Estland und Luxemburg. Lediglich Luxemburg und Zypern könnte es laut EU-Kommission gelingen, auch im nächsten Jahr die – derzeit ausgesetzte – 3-%-Defizitregel wieder zu erfüllen.Die Staatsverschuldung im Euroraum wird demnach in diesem Jahr auf knapp 102 (86) % des BIP klettern. Griechenland mit 207 % und Italien mit 160 % liegen hier an der Spitze. Auf eine Verschuldung von mehr als 100 % des BIP kommen aber auch Portugal, Spanien, Zypern, Frankreich und Belgien.