STIMMUNGSLAGE ZUR EUROPAWAHL 2014

Wenig Inhalte und viel Aggression

Populismus bestimmt den italienischen Wahlkampf

Wenig Inhalte und viel Aggression

Von Thesy Kness-Bastaroli,MailandNicht Inhalte, sondern populistische Hassreden bestimmen Italiens Wahlkampf, der zu einer Art verbaler Schlacht ausgeartet ist. Der Populist und Ex-Komiker Beppe Grillo stößt mit seiner Anti-Europa- und vor allem Anti-Euro-Propaganda auf offene Ohren. Laut Umfrage kann Grillo mit seiner Protestbewegung Fünf Sterne (M5S) bei der Europawahl und gleichzeitigen Kommunalwahlen mit mehr als einem Viertel der Stimmen rechnen. Grillo punktet mit Deutschland- und EU-Bashing. Er beschimpft die Eurokraten und “La Merkel” im selben Atemzug und scheut vor keinem Vergleich mit der Nazivergangenheit zurück. “Gäbe es unsere Fünf-Sterne-Bewegung nicht, würden hier die Nazis regieren”, tönte der rabiate Fundamental-Oppositionelle. Er greift nicht nur Oppositionsführer Silvio Berlusconi und Regierungschef Matteo Renzi, sondern auch den Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten Martin Schulz an: “Hätte Stalin nicht gewonnen, würde Schulz heute im Parlament mit einem Hakenkreuz auf der Stirn sitzen.”Mit seiner Anti-Euro-Politik steht Grillo nicht allein da. Die rechte Oppositionspartei Fratelli d’Italia und die populistische, ehemals separatistische Lega Nord flankieren ihn. Kein Wunder. Kaum anderswo in der Eurozone ist die Einstellung zur Währung so negativ wie in Italien. 44 % der Italiener wünschen sich laut einer Umfrage des Pew Research Center eine Rückkehr zur Lira; 74 % glauben, die ökonomische EU-Integration habe dem Land geschadet. Selbst Regierungschef Matteo Renzi punktet mit seiner Kritik an Europas fehlender Flüchtlingsstrategie. Letzten Umfragen zufolge könnte Renzi mehr als 32 % der Wähler für sich gewinnen. Damit hätte er den nötigen Rückhalt für die Fortsetzung seiner Reformpolitik.Der Wahlkampf wird in Italien nicht zwischen Parteien geführt, sondern zwischen den drei Kontrahenten Regierungschef Matteo Renzi, Ex-Premier Silvio Berlusconi und Ex-Komiker Beppe Grillo. Berlusconi scheint dabei der große Verlierer zu sein. Er hat sich im Wahlkampf zwar nicht gegen den Euro, um so mehr aber gegen die angebliche Hegemonie Deutschlands gestellt. Seiner Partei Forza Italia droht ein rasanter Absturz von 35 auf 20 %. Sollte das Wahlergebnis unter der 20-Prozent-Grenze liegen, hat Berlusconi bereits vorgesorgt: Tochter Marina soll dann sein politisches Erbe antreten.