Weniger Azubis für weniger Lehrstellen
ast Frankfurt – Die Coronakrise trifft nicht nur Berufstätige hart. Schwer haben es auch die Auszubildenden. “Das Ausbildungsjahr 2020 wird in gewisser Weise ein Würgejahr”, sagte Detlef Scheele, Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), der Deutschen Presse-Agentur. Zwar seien rechnerisch genügend Plätze für alle angehenden Azubis vorhanden. Doch es gestalte sich schwieriger als in den zurückliegenden Jahren, den Kontakt zwischen den Jugendlichen und den Unternehmen herzustellen. Der BA zufolge befindet man sich mit dem Vermittlungsprozess wegen des durch Corona bedingten bundesweiten Lockdowns etwa 6 bis 8 Wochen in Verzug – nicht zuletzt deshalb, weil etwa Ausbildungsmessen abgesagt sind.Die deutschen Unternehmen sehen sich schon seit mehr als zehn Jahren einer rückläufigen Zahl von Ausbildungsanwärtern gegenüber. Dieses Jahr kommen auf 482 000 gemeldete Lehrstellen 417 000 Bewerber. In diesem Jahr ist nicht nur die Zahl der Bewerber gesunken, sondern auch die Zahl der angebotenen Stellen ist um 8 bis 10 % rückläufig. Viele Unternehmen setzen ihre Ausbildungsprogramme ganz oder zumindest teilweise aus.Um die Lage auf dem Ausbildungsmarkt nicht zu verschlimmern, hat die Koalition Ende Juni bereits ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Scheele sieht den umstrittenen Ausbildungszuschuss prinzipiell als sinnvoll an. “Wenn er dazu hilft, das Ausbildungsjahr am Ende, wenn wir in die Nachvermittlung im Herbst kommen, über die Hürde zu bringen, dann ist die Prämie gut”, sagte er. Kleine und mittlere Ausbildungsbetriebe sollen demnach 2 000 Euro für jeden abgeschlossenen Lehrvertrag erhalten, wenn sie ihre Zahl an Azubis stabil halten. Für jeden Ausbildungsplatz, den sie über Vorjahresniveau schaffen, sollen sie sogar 3 000 Euro bekommen, genauso wie für jeden Auszubildenden, den sie von einem wegen der Coronakrise insolvent gewordenen Unternehmen übernehmen. Enorme GehaltsunterschiedeWie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gestern veröffentlicht hat, geht es den Auszubildenden nicht in allen Branchen und Regionen gleich. Der Auswertung zufolge hat ein Azubi auf dem Bau in Westdeutschland am Ende seiner Ausbildung fast fünfmal so viel verdient wie ein angehender Friseur in Thüringen. Von 325 Euro bis 1 580 Euro ist während der Ausbildung beinahe alles möglich. Die Frage ist also nicht nur, welchen Beruf die Schulabgänger wählen, sondern auch, in welchem Bundesland sie sich ausbilden lassen.