KommentarKI-Gesetz der EU

Weniger Bürokratie wagen!

Üblicherweise werden aus so umfassenden Regelungen für neue Märkte wie dem jetzt verabschiedeten AI Act in der EU regelrechte Bürokratiemonster. Doch noch ist Zeit, dass Brüssel bei der Regulierung der künstlichen Intelligenz neue Wege einschlägt.

Weniger Bürokratie wagen!

Kommentar

Weniger Bürokratie wagen!

Von Stephan Lorz

Es ist in der EU geradezu vorgezeichnet, wenn ein grundlegendes Brüsseler Gesetz mit interpretationsbedürftigen oder gar schwammigen Formulierungen gespickt ist und mit bisweilen widersprüchlichen Ansätzen daherkommt. Dann kann man eigentlich davon ausgehen, dass bei der Umsetzung in den nachgeordneten EU-Behörden noch viele Regeln hinzukommen, weil Formulierungen nachgeschärft und konkretisiert werden. Zudem macht sich danach eine Heerschar von Juristen zur Lebensaufgabe, das Gesetz mit noch mehr Vorschriften rechtlich wasserdicht zu machen. Also: mehr Bürokratie, mehr Bestimmungen.

Diese Gemengelage trifft beim jetzt in Brüssel verabschiedeten AI Act durchaus zu. Die künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) ist komplex, umfassend und greift tief in das Leben der Menschen ein. Das erklärt die Mächtigkeit dieses Konvoluts. Obendrein ist KI für die allermeisten tatsächlich „Neuland“, löst Sorgen aus vor Jobverlust, digitaler Manipulation und Fremdbestimmung. Die Hoffnung ist groß, dass das bisher weltweit einzigartige Regelwerk Rechtssicherheit für die Unternehmen schafft, so dass diese global durchstarten können. Zudem sollen den Menschen zugleich die Ängste genommen werden, damit sie die neuen Technologien auch annehmen. Europa könnte so zu einem KI-Leitmarkt werden.

Noch ist es nicht zu spät, die Gefahr eines neuen Bürokratiemonsters zu bannen. Es würde schon genügen, die neuen Gremien, die sich um die KI-Prüfung kümmern müssen, diesmal mit weniger Juristen und mehr Informatikern zu besetzen. Letztere können ihren Kollegen schnell zeigen, dass manche Verwaltungsideen technologisch leicht ausgehebelt werden können oder den ganzen Markt lahmlegen. Es geht auch darum, die kleineren Unternehmen beim Markteintritt zu unterstützen. Die Regeln dürfen sie also keinesfalls erdrücken. Das würde nur den Konzernoligopolen in die Hände spielen, die sich große Rechtsabteilungen leisten können. Vor diesem Hintergrund ist es verwunderlich, dass die Kartellbehörden bei der KI-Regulierung nicht mit ins Boot geholt wurden. Sie könnten auf dem KI-Markt wiedergutmachen, was sie etwa bei digitalen Plattformen versäumt haben.


Den Bericht zum AI Act lesen Sie hier.

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