Wieder auf Wachstumskurs

Auftragseingang steigt im März überraschend kräftig - Langfristig Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit

Wieder auf Wachstumskurs

Die deutsche Konjunktur scheint wieder Tritt zu fassen: Der Auftragseingang legt deutlich zu, und auch die Anleger zeigen wieder mehr Zuversicht. Allerdings läuft es nicht so gut angesichts des enormen geldpolitischen Impulses. Und auch von der Kostenseite droht der heimischen Wirtschaft Gefahr.lz Frankfurt – Die deutsche Industrie hat im März überraschend viele Aufträge erhalten. Wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte, lagen die Bestellungen saison- und arbeitstäglich bereinigt 1,9 % über dem Niveau des Februar. Analysten hatten nur mit einem Zuwachs um 0,6 % gerechnet. Außerdem fiel der Rückgang im Februar schwächer aus als bisher bekannt. Anstatt eines Minus um 1,2 % ergibt sich nach revidierten Zahlen nur eines von 0,8 %. “Die Scharte vom vierten Quartal ist damit wohl wieder ausgewetzt”, kommentierte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, unter Anspielung auf die Abkühlung zum Jahresende 2015.Das Bundeswirtschaftsministerium erwartet in den kommenden Monaten weiterhin eine rege Nachfrage nach deutschen Produkten: “Die Geschäftserwartungen im verarbeitenden Gewerbe haben sich zuletzt weiter aufgehellt, so dass mit einer Fortsetzung des moderaten Aufschwungs zu rechnen ist.”Ausschlaggebend für den März-Anstieg war laut Statistikern eine kräftige Steigerung der Aufträge aus dem Ausland. Hier hat es nach Angaben der Statistiker einen Zuwachs zum Vormonat um 4,3 % gegeben. Dabei stiegen die Auftragseingänge aus der Eurozone um 1,1 % und die Auftragseingänge aus dem restlichen Ausland um 6,2 %.Weil mit der Aufwärtsrevision vom Februar auch der Quartalsvergleich der Neuaufträge ins Positive gedreht hat, hält Stefan Kipar von der Bayerischen Landesbank die Chancen zudem für gut, dass sich die derzeit recht starke Konjunktur im verarbeitenden Gewerbe auch im Jahresverlauf behaupten kann. Allerdings sei nicht von einer steigenden Dynamik auszugehen. Ralph Solveen von der Commerzbank zufolge befindet sich die deutsche Industrie insgesamt nun wieder auf Wachstumskurs. Allerdings geht er nicht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft das deutlich höhere Wachstum im ersten Quartal wird halten können. Allerdings würden die aktuellen Auftragszahlen seiner Einschätzung nach “eine gute Basis für das zweite Quartal” bieten.Die neuen Auftragsdaten geben indes auch Raum für etwas pessimistischere Interpretationen her. Aus dem Inland wurden 1,2 % weniger geordert als noch im Vormonat. Damit weise der Trend in dieser Betrachtung “nach wie vor abwärts”, mahnte Dirk Schlotböller vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).Ein besseres Bild der Lage machen sich offenbar die Akteure an den Finanzmärkten. Das vom Analysehaus Sentix über eine regelmäßige Umfrage unter knapp 1 000 Anlegern berechnete Stimmungsbarometer kletterte im Mai für Deutschland um 0,7 Zähler auf 18,3 Punkte. Das war der dritte Anstieg in Folge. Auch die Erwartungen zeigen mit 3,5 Punkten weiter nach oben.Überaus enttäuscht zeigen sich die Anleger von der Entwicklung in der Eurozone. Der Gesamtindex ist zwar weiter gestiegen, doch sind das Niveau mit 6,2 Punkten und die Dynamik recht schwach. “Trotz der üppigen Liquiditätsspritzen und Negativzinsen kommt es in Euroland nicht zu einem selbsttragenden Aufschwung”, moniert Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner.Aber wer genauer hinschaut, sieht auch die deutsche Entwicklung etwas kritischer. Krämer von der Commerzbank verweist etwa auf die seit langem stark steigenden Lohnstückkosten, die mittelfristig die deutsche Wettbewerbsfähigkeit untergraben. Die Weltmarktanteile Deutschlands würden schon seit geraumer Zeit nicht mehr zulegen. Auch die Infrastruktur Deutschlands erodiere, weil der Staat zu wenig investiere. Krämer: “Das nagt am Wachstumspotenzial unserer Volkswirtschaft.”—– Kommentar Seite 1