Willkommene Schützenhilfe vom Feind

Von Peter DeThier, Washington Börsen-Zeitung, 6.2.2020 Zwar hatte das Weiße Haus vor US-Präsident Donald Trumps Regierungserklärung versichert, dass er keine Ehrenrunde drehen, sondern vielmehr eine sachliche Bilanz seiner politischen...

Willkommene Schützenhilfe vom Feind

Von Peter DeThier, WashingtonZwar hatte das Weiße Haus vor US-Präsident Donald Trumps Regierungserklärung versichert, dass er keine Ehrenrunde drehen, sondern vielmehr eine sachliche Bilanz seiner politischen Errungenschaften ziehen werde. Wer Trump kennt, weiß aber, dass er zu Bescheidenheit außerstande ist. Folglich kombinierte der Präsident in dem fast 80 Minuten langen Auftritt überschwängliches Eigenlob mit gezielten Hieben gegen angeschlagene Demokraten, die mit ihren selbstzerstörerischen Tendenzen den Spott mittlerweile fast schon verdienen.Zunächst hatte die Oppositionspartei mit dem Wahldebakel in Iowa, wo es wegen einer defekten App fast einen ganzen Tag dauerte, bis der Sieger feststand, Trump die perfekte Steilvorlage geliefert, um sich über deren Inkompetenz zu mokieren. Geschürt wurde das Selbstvertrauen des Präsidenten auch von der Gewissheit, bald danach im Senat von Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und der Justizbehinderung freigesprochen zu werden. Wie seinerzeit den Bericht des Sonderermittlers Robert Mueller kann Trump damit auch das Thema Impeachment zu den Akten legen. Dass die Rede gespickt war mit Tatsachenverzerrungen und Falschaussagen, etwa über die angeblich “stärkste US-Wirtschaft” in der Geschichte oder das “hohe Ansehen”, welches die USA wieder international genießen, spielt bei Trump schon keine Rolle mehr. Zwar ist es richtig, dass die Arbeitslosenquote auf den tiefsten Stand seit einem halben Jahrhundert gesunken ist und es zu Millionen von Neueinstellungen kam. Von einem amerikanischen “Comeback” historischen Ausmaßes zu sprechen, ist aber maßlos übertrieben, hatte die Expansion schließlich 2009 begonnen, also sieben Jahre vor Trumps Wahlsieg. Dass es sich aber um einen “Blue Collar Boom” handelt, wie Trump sagt, also vor allem Arbeiter die Nutznießer des Aufschwungs sind, widerspricht ungeachtet der Lohnsteigerungen in der Gesamtwirtschaft dem stagnierenden Wachstum und den Stellenstreichungen in der Industrie. Immer wieder gelingt es Trump, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und sich als Sieger zu feiern, während sich Demokraten ins eigene Fleisch schneiden.Die Unbeherrschtheit, mit der Oppositionschefin Nancy Pelosi am Ende Trumps Redetext zerriss, unterstreicht deren Frustration. Bereits 2000 und 2016 stachen die demokratischen Kandidaten Al Gore und Hillary Clinton ihre republikanischen Gegner bei den Direktstimmen deutlich aus. Beide unterlagen an Elektorenstimmen gemessen, weil sie zu siegessicher waren, um Staaten mit einem hohen Anteil von Wechselwählern zu besuchen. Wenn die Demokraten nicht vorsichtig sind, könnte am 3. November ein diesmal besser organisierter Trump wieder als Sieger dastehen.——Mit Pannen und Unbeherrschtheit liefern die Demokraten Donald Trump Steilvorlagen. ——