MACHTWECHSEL IN DEN USA

Willkommensgruß mit neuen Zöllen

EU hofft nach Biden-Wahl auf bessere US-Handelsbeziehungen - Weiteres Kapitel im Airbus-Boeing-Streit

Willkommensgruß mit neuen Zöllen

Die EU-Kommission legt im Airbus-Boeing-Streit nach und verhängt neue Milliardenzölle gegen US-Waren. Als Affront gegen den designierten Präsidenten Joe Biden sieht Brüssel diesen Schritt nicht. Im Gegenteil: Sowohl die Kommission als auch die EU-Mitgliedstaaten hoffen auf einen Neustart in den Beziehungen.ahe Brüssel – Trotz des anstehenden Machtwechsels im Weißen Haus hat die EU-Kommission in dem seit Jahren ausgetragenen Streit um Subventionen in der zivilen Luftfahrt weitere Strafzölle gegen US-Waren verhängt. Diese treten bereits heute in Kraft. Betroffen sind neben Flugzeugen Produkte wie Tomatenketchup, Rum, Wodka und Spielekonsolen, ebenso wie Traktoren und Schaufellader, wie aus einem gestern Abend veröffentlichten Eintrag im EU-Amtsblatt hervorgeht. Der Strafzoll auf Luftfahrzeuge wird demnach 15 % betragen, der auf alle anderen Produkte 25 %.Hintergrund des Schritts ist eine Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO von Ende Oktober, wonach die EU im Airbus-Boeing-Streit Strafzölle auf US-Importe im Umfang von 3,4 Mrd. Euro im Jahr verhängen darf. Entsprechende Zölle auf Seiten der USA sind bereits seit über einem Jahr in Kraft.EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis betonte, es gehe nicht darum, den Konflikt zu eskalieren. Die EU nehme lediglich ihre Rechte wahr und sei jederzeit bereit, die Strafzölle wieder auszusetzen, wenn auch die USA hierzu bereit seien. Dies wäre dann “eine Win-win-Situation”.Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte nach einer Videokonferenz der EU-Handelsminister, Europa hätte es sehr begrüßt, wenn eine einvernehmliche Regelung bereits vor den amerikanischen Präsidentenwahlen hätte gefunden werden können. Dies sei aber nicht möglich gewesen. Hoffnung für WTO-ReformenBei den Beratungen der Handelsminister war laut Altmaier deutlich geworden, dass eine sehr breite Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten den Wahlausgang in den USA als Chance sieht, die transatlantischen Handelsbeziehungen neu auszurichten und sie wieder auf eine regelbasierte, multilaterale Basis zu stellen. Die EU wolle hierzu auch ihren Beitrag leisten, betonte Altmaier. Mit der künftigen US-Regierung unter Joe Biden gebe es eine neue Chance, weswegen nun Gemeinsamkeiten gesucht werden müssten. Allerdings könne es Monate dauern, bis klar sei, wer künftig für die US-Handelspolitik verantwortlich sei.Der Minister äußerte die Hoffnung, dass mit dem Amtsantritt von Biden auch die von der Trump-Administration verhängten Zölle gegen europäische Stahl- und Aluminiumprodukte wieder aufgehoben werden und auch das Thema neue Autozölle in den USA jetzt endgültig vom Tisch sei. Die Europäische Union sei zudem bereit, mit den USA zu einer umfassenden Handelsvereinbarung zu kommen, betonte Altmaier.Ein gemeinsames Anliegen der EU-Staaten ist nach seinen Worten auch die Zukunft der Welthandelsorganisation, wo die Streitschlichtung und die Führungsfrage geklärt werden müssten. Die EU wolle, dass im internationalen Handel “das Recht des Besseren und nicht das Recht des Stärkeren” gelte.Die derzeit laufende Überprüfung der EU-Handelspolitik wird nach Angaben von Kommissar Dombrovskis noch bis ins neue Jahr fortgesetzt. Eine öffentliche Konsultation hierzu endet Mitte November. Anfang 2021 will die EU-Kommission dann ihre Sicht der Dinge präsentieren. Wirtschaftsminister Altmaier sprach in diesem Zusammenhang von einer “offenen strategischen Autonomie” der EU. Europa wolle einseitige Abhängigkeiten vermeiden, zugleich aber auch Protektionismus bekämpfen und die Märkte offenhalten. Europa müsse sich aber auch verteidigen können.Priorität neben den Verbesserungen der Beziehungen zu den USA hat für die EU zudem der Abschluss eines Investitionsabkommens mit China, der eigentlich noch in diesem Jahr erfolgen sollte. Dombrovskis sagte, dies sei noch machbar. Allerdings müsse sich China noch “erheblich bewegen” – unter anderem beim Marktzugang. Für die EU habe der Inhalt der Vereinbarung Vorrang vor einem schnellen Abschluss.