Buchbesprechung

„Wir schreiben das Jahr 2084“

Wer sich für den Strand, den Garten oder einfach fürs Lesen vor dem Einschlafen mit spannender und visionärer Literatur versorgen will, dem kann der dystopische Kriminalroman „Spionage im Schatten der Macht“ von Eduard Hubl empfohlen werden – sofern der Leser sich auf den ungewöhnlichen Stil des Krimis einlässt.

„Wir schreiben das Jahr 2084“

Spionage im Schatten der Macht – Korruption und Erpressung in der Politik und in Wirtschaftssystemen, Eduard Hubl, Cuvillier Verlag, Göttingen 2021, ISBN 978-3-736-97541-5, 222 Seiten, 44,90 Euro.

Nach der Urlaubszeit ist vor der Urlaubszeit. Wer sich für den Strand, den Garten oder einfach fürs Lesen vor dem Einschlafen mit spannender und visionärer Literatur versorgen will, dem kann der dystopische Kriminalroman „Spionage im Schatten der Macht“ von Eduard Hubl empfohlen werden – sofern der Leser sich auf den ungewöhnlichen Stil des Krimis einlässt.

Denn Hubl, bislang gemäß seiner Ausbildung vor allem als Autor von Sachbüchern auf den Gebieten Ethnologie und Sportwissenschaft in Erscheinung getreten, hat seinen Roman in eine Art Protokoll gegossen, an einigen Stellen garniert mit Fragenkatalogen, wie man sie von Meinungsforschern kennt, und deren Auswertung. Diese letztgenannten Teile fordern vom Leser einiges an Geduld und Durchhaltevermögen.

Nach einer kurzen Zustandsbeschreibung – „Wir schreiben das Jahr 2084 und die Weltbevölkerung beträgt 11,6 Milliarden Menschen. (…) Seit 2035 gibt es die totale Digitalisierung in allen Ländern der Welt.“ – beginnt die Handlung mit dem 1. Januar 2084. Ein Großteil des Geschehens spielt sich in den folgenden vier Jahren ab. Der letzte Eintrag ist vom 25. Oktober 2126.

Zum Inhalt: Ein Forscher, der interdisziplinär komplexe Forschungen durchführt und in einem leistungsorientierten Wirtschaftssystem arbeitet, steht in einem außergewöhnlichen Spannungsfeld, denn er soll nicht alle Forschungsergebnisse veröffentlichen. Durch massive Gewalt, Korruption und Erpressung will ein terroristisches Netzwerk derweil internationale Macht erhalten. Der Forscher, der auch ethnologische Aspekte in seinen Forschungsergebnissen berücksichtigen möchte – hier konnte Hubl offensichtlich dem Einflechten von Kenntnissen aus seiner akademischen Ausbildung nicht widerstehen –, aber auch psychosoziale Probleme darstellen will, wird immer stärker unter Druck gesetzt. Das terroristische Netzwerk bedroht ihn und verübt auch auf seine Familie und seinen Freundeskreis Anschläge. Zudem haben die Terroristen in Politik und Wirtschaft sowie in das Gesundheitswesen Führungskräfte eingeschleust, die den Druck auf den Forscher ständig erhöhen.

Hubl (Jahrgang 1955) greift viele kontroverse Themen der Gegenwart auf, etwa Wirtschaftssysteme, soziale Gerechtigkeit, Gesundheitswesen, Umwelt- und Bildungspolitik, Digitalisierung sowie Überbevölkerung, und vermengt sie mit Spannungselementen wie internationaler Macht, Spionage, Korruption, Gewalt und Terrorismus zu einem ungewöhnlichen und interessanten Roman, der allerdings an­strengender zu lesen ist als die übliche Belletristik aus dieser Bücherecke. md