Wirtschaft begehrt gegen GWB-Novelle auf
wf Berlin
Die deutsche Wirtschaft wendet sich im Schulterschluss gegen die von der Bundesregierung geplante Novelle des Wettbewerbsrechts. Insgesamt 15 Wirtschaftsverbände warnen vor einem Paradigmenwechsel im Wettbewerbsrecht und befürchten „Schaden für den Standort Deutschland“. In der geplanten 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) seien erstmals in der deutschen Kartellrechtsgeschichte und ohne Vorbild im EU-Recht „massive Verhaltens- und Struktureingriffe“ bei Unternehmen vorgesehen – und dies „ohne vorwerfbares Verhalten der Unternehmen“, monieren die Verbände in einer gemeinsamen, vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verbreiteten Kurzposition. Erfasst werden demnach alle Marktstrukturen, alle Unternehmensgrößen und Branchen. Anknüpfungspunkt solle nur eine „Störung des Wettbewerbs“ sein, nicht ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
Mit der 11. GWB-Novelle will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dem Kartellamt erlauben, nach einer Sektoruntersuchung bei Wettbewerbsstörungen in Märkte einzugreifen. Vorteile aus Verstößen sollen leichter abgeschöpft werden können. Die Reform zielt etwa auf Märkte mit wenigen Anbietern und parallelen Preisentwicklungen, ohne dass ein Kartell nachweisbar ist. Als Beispiel wird der Spritpreis genannt. Habeck hatte den Referentenentwurf im September in die Ressortabstimmung gegeben. Der für den 7. Dezember geplante Kabinettstermin war gerade verschoben worden. Die Wirtschaft hält ihn nicht für entscheidungsreif.
Die Verbände wenden sich gegen die geplante Eingriffstiefe in die Privatautonomie. Dies sei nur dem Gesetzgeber vorbehalten. Mit der Novelle dürfte die Kartellbehörde unternehmerisches Handeln bestimmen: etwa durch Vorgaben zur Vertragsgestaltung, Zwangslizenzen, Offenlegung von Know-how oder Festsetzung von Preisen bis hin zur Zerschlagung. Rechtlich könnten sich die Unternehmen nicht wehren, da diese Maßnahmen gerade nicht an rechtswidriges Verhalten und das Regelwerk anknüpften.