Globale Mindeststeuer

Wirtschaft fürchtet hohe Strafen bei Anfänger­fehlern

Bei einem Symposium äußert Siemens-Steuerchef Christian Kaeser Vorbehalte gegen die geplante globale Mindeststeuer. Der Zeitplan zur Einführung steht unter hohem politischen Druck. Viele Fragen sind offen.

Wirtschaft fürchtet hohe Strafen bei Anfänger­fehlern

wf Berlin

Die deutsche Wirtschaft fürchtet durch die Einführung der globalen Mindeststeuer hohe Strafen in einem noch fehleranfälligen System. „Die Komplexität ist brutal“, konstatierte Christian Kaeser, Global Head of Tax bei Siemens und Vorsitzender des Steuerausschusses beim Industrieverband BDI, zum OECD-Konzept der Steuer. Gleichwohl strebe die EU-Kommission die enorme Strafe von 5% des Umsatzes an, wenn Unternehmen keine oder auch nur eine fehlerhafte Steuererklärung abgeben, sagte Kaeser beim Steuerpolitischen Symposion der deutschen Wirtschaft.

Der globalen Mindeststeuer haben 141 Staaten zugestimmt; 137 wollen sie einführen. Sie soll Steueroasen austrocknen und die Spirale sinkender Steuersätze im Wettbewerb der Staaten stoppen. Das Konzept war unter dem Dach der Industrieländervereinigung OECD ausgearbeitet worden. Das neue System soll auf hohen politischen Druck hin ab Anfang 2023 in allen EU-Mitgliedsländern gelten. Bislang arbeitet die OECD selbst noch an einem Musterkommentar für ungeklärte Fragen.

Finanzstaatssekretärin Luise Hölscher stellte im Steuersymposion in Aussicht, die neue Regierung strebe hierzulande an, das Steuerrecht zu bereinigen, sinnlosen Aufwand zu beseitigen und Komplexität zu reduzieren. „Das passt mit der globalen Mindeststeuer gar nicht zusammen“, sagte Kaeser. Die Regelung scheine sich nur auf den ersten Blick an bekannte Größen wie den Rechnungslegungsstandard IAS oder die effektive Steuerquote zu stützen. Es seien umfangreiche neue Verknüpfungen und Systeme in der Konzernbesteuerung nötig. „Das ist wahnsinnig kompliziert“, stellte Kaeser fest.

Dass nur eine kleine Gruppe von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Mill. Euro betroffen ist, hält Kaeser bald für überholt. Rufe nach einer Senkung der Um­satzschwelle gebe es bereits. Hierzulande seien vergleichsweise viele Firmen betroffen, da die EU – anders als die OECD – nicht nur multinationale Konzerne, sondern auch große national operierende Gruppen einbeziehe. Rolf Möhlenbrock, Leiter der Steuerabteilung, räumte ein, dass die Mindeststeuer komplex sei. Wenn das neue System eingeführt und verstanden sei, führe dies aber zu einem globalen Standard. „Das ist ja schon mal eine Menge wert“, sagte Möhlenbrock. Es zeigte sich zuversichtlich, dass Unternehmen und Finanzverwaltung schnell einen „gemeinsamen Level und eine vernünftige Auslegung“ finden.