Labour stärkt unabhängige Haushaltsprüfer
Labour stärkt unabhängige Haushaltsprüfer
Keir Starmers Regierungsprogramm sieht mehr Rechte für Arbeitnehmer und Mieter vor
hip London
Großbritanniens neuer Premierminister Keir Starmer hat mehr Mieter- und Arbeitnehmerrechte in sein Regierungsprogramm geschrieben. Große Reformvorhaben standen aber nicht auf der Liste der Vorhaben von Labour, die von König Charles III. im Rahmen der traditionellen „King’s Speech“ im Unterhaus vorgetragen wurde.
Die Stärkung der unabhängigen Haushaltsprüfer des Office for Budget Responsibility (OBR) ist Teil der Bemühungen von Labour, sich als die Partei mit der größeren Wirtschaftskompetenz darzustellen. Künftig soll jedes „fiskalische Ereignis“, also etwa ein Nachtragshaushalt, von ihnen überprüft werden.
Konsequenz des „Minibudgets“
Zum Hintergrund: Als die konservative Premierministerin Liz Truss und ihr Schatzkanzler Kwasi Kwarteng im Herbst 2022 ihr nicht gegenfinanziertes „Minibudget“ vorstellten, kam es zu erheblichen Verwerfungen am Markt für britische Staatsanleihen (Gilts). Das OBR war in die Erstellung des Haushaltsentwurfs nicht eingebunden.
Der starke Anstieg der Renditen führte damals dazu, dass riskante Derivatestrategien von Pensionsfonds entgleisten. Die Bank of England musste am Gilt-Markt intervenieren, um die drohende Kernschmelze aufzuhalten. Ein Haushaltsverantwortungsgesetz (Budget Responsibility Bill) soll so etwas künftig verhindern.
OBR sollte Labour einhegen
Die Ironie dabei ist, dass das OBR einst vom konservativen Schatzkanzler George Osborne an den Start gebracht wurde, um zu verhindern, dass eine künftige Labour-Regierung finanziell über die Stränge schlagen kann. Die neue Schatzkanzlerin Rachel Reeves arbeitete einst für die Bank of England und weiß, worauf man in der Londoner City Wert legt.
Das Bemühen, finanzielle Solidität zu demonstrieren, führte allerdings dazu, dass der ebenfalls im Regierungsprogramm enthaltene Staatsfonds mit lediglich 7,3 Mrd. Pfund ausgestattet wird. Damit verfügt er nicht über die Mittel, die nötig wären, die Energiewende in Großbritannien voranzubringen. Die Beschleunigung der Planungsverfahren für Infrastruktur- und Wohnungsbauvorhaben könnte in diese Richtung mehr bewegen.
Arbeit auf Abruf weiterhin erlaubt
Was die Arbeitnehmerrechte angeht, darf man annehmen, dass sich die Gewerkschaften mit ihren Forderungen nicht durchsetzen konnten. Starmer setzt auf Sozialpartnerschaft, nicht Klassenkampf.
Die sogenannten „zero-hours contracts“, die Arbeit auf Abruf ohne Mindestbeschäftigung ermöglichen, werden nicht generell untersagt. Labour will lediglich verhindern, dass sie „in ausbeuterischer Weise“ genutzt werden. Zu den Zugeständnissen an die Stammwählerschaft gehört, dass bestimmte Rechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall künftig ab dem ersten Arbeitstag gelten sollen.
Fire & Rehire
Es wird nicht mehr so leicht möglich sein, Mitarbeiter zu entlassen, um sie zu schlechteren Konditionen gleich wieder einzustellen (fire & rehire). Zudem will sich Labour das Streikrecht vornehmen. Die Konservativen hatten festgeschrieben, dass bei Arbeitskampfmaßnahmen ein Minimum an kritischen öffentlichen Dienstleistungen aufrechterhalten werden muss.
Für Vermieter wie Mieter gleichermaßen von Interesse ist die Abschaffung der Möglichkeit, ein bestehendes Mietverhältnis ohne Angabe von Gründen nicht zu verlängern. Anders als in Deutschland haben in Großbritannien meist die Vermieter das Recht auf ihrer Seite. Von den sogenannten „no-fault evictions“ sind zahllose Menschen betroffen.
Auch das Thema Zuwanderung kommt vor: Ein „Grenzsicherheitskommando“ erhält weitreichende Kompetenzen für den Kampf gegen Schlepperbanden.