Britischer Arbeitsmarkt

Labour will Viertagewoche einführen

Angela Rayner will die Viertagewoche. Die stellvertretende Premierministerin meint damit allerdings keine Arbeitszeitverkürzung.

Labour will Viertagewoche einführen

Labour will Viertagewoche einführen

„Komprimierte Arbeitszeit“, aber keine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich

hip London

Großbritanniens stellvertretende Premierministerin Angela Rayner hat sich die Ausweitung der Arbeitnehmerrechte auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehört dem konservativen „Daily Telegraph“ zufolge ein Gesetz zur Viertagewoche, das im Herbst vorgelegt werden soll. Wie das Blatt berichtet, wird es in enger Absprache mit den Gewerkschaften und Unternehmen vorbereitet.

Es geht allerdings nicht um eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, sondern darum, die vereinbarte Wochenarbeitszeit statt wie bislang auf fünf nur noch auf vier Tage verteilen zu können. Britische Arbeitnehmer können ihre Arbeitgeber bereits seit April um flexible Arbeitszeitregelungen bitten. Die Unternehmen sind allerdings nicht
verpflichtet, solchen Anfragen nachzukommen.

Machtgefüge verschiebt sich

Wie die Tageszeitung berichtet, könnte sich das Machtgefüge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verschieben. Unternehmen müssten dann ihren Mitarbeitern ab dem ersten Tag der Beschäftigung flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, außer sie könnten nachweisen., dass solche Modelle nicht möglich seien.

„Wir denken, dass flexibles Arbeiten gut für die Produktivität ist“, sagte die Staatssekretärin Jacqui Smith (Labour) dem Radiosender LBC. Es gehe um „komprimierte Arbeitszeit“. Statt an fünf Tagen jeweils acht Stunden zu arbeiten, könne man vielleicht an vier Tagen jeweils zehn Stunden ableisten. Auf diese Weise leiste man genauso viel, brauche aber vielleicht weniger Kinderbetreuung, habe mehr Zeit für die Familie oder andere Dinge.

Auf „Wachstumsmission“

So könne man mehr Menschen dazu bringen, eine Arbeit anzunehmen, sagte Smith. Das sei ein wichtiger Bestandteil der „Wachstumsmission“, auf der man sich befinde. Dabei musste sie zugeben, dass so eine Komprimierung der Arbeitszeit für viele Berufsgruppen, Lehrer etwa, nicht möglich sein wird. „Aber das bedeutet nicht, dass Menschen, die es könnten, nicht dazu in der Lage sein sollten“, fügte sie hinzu.

Tatsächlich könnte das Modell die
Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung für Menschen attraktiver machen, die derzeit zur
großen Gruppe der wirtschaftlich Inaktiven gehören. Das gilt etwa für Menschen, die Angehörige pflegen. Allerdings waren flexible Arbeitsmodelle auch bisher möglich.

Asda gibt Viertagewoche auf

Das Arbeitsministerium verlautbarte, dass man die Viertagewoche nicht verpflichtend einführen wolle. Unternehmen fürchten allerdings, dass es schwer werden könnte, sich ihr zu entziehen.

Die Supermarktkette Asda hatte ihre Pläne zur Einführung der Viertagewoche erst im Juli aufgegeben. Es hatte Beschwerden aus der Belegschaft darüber gegeben, dass die elfstündigen Schichten „körperlich anstrengend“ gewesen seien. Am zusätzlichen freien Tag seien die Mitarbeiter dann zu erschöpft gewesen, um ihn zu nutzen.

Ernüchternder Feldversuch

Ein sechsmonatiger Feldversuch mit der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich warf im vergangenen Jahr mehr Fragen auf, als er beantwortete, auch wenn ihn die beteiligten Wissenschaftler als überwältigenden Erfolg feierten. Am Ende entschieden sich weniger als ein Drittel der beteiligten Organisationen, die Viertagewoche zur permanenten Einrichtung zu machen. Nicht einmal die gemeinnützige Verbraucherberatung Citizens Ad­vice aus Gateshead war dazu bereit.

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