Deutschland hinkt Euroraum hinterher

ZEW-Barometer dämpft Wachstumshoffnung

Der Stimmungsaufschwung, den die ZEW-Konjunkturerwartungen in den vergangenen Monaten gezeigt haben, legt im Juni eine Verschnaufpause ein. Die zuletzt aufgekeimten Wachstumshoffnungen bekommen einen Dämpfer, denn der Anstieg fällt geringer als erwartet aus und die aktuelle Lage wird schwächer beurteilt.

ZEW-Barometer dämpft Wachstumshoffnung

ZEW-Index dämpft Wachstumshoffnung

Elfter Anstieg in Folge schwächer als erwartet − Euroraum schlägt sich besser als Deutschland − Mehr Zuversicht für USA

Der Stimmungsaufschwung, den die ZEW-Konjunkturerwartungen in den vergangenen Monaten gezeigt haben, legt im Juni eine Verschnaufpause ein. Die zuletzt aufgekeimten Wachstumshoffnungen bekommen einen Dämpfer, denn der Anstieg fällt geringer als erwartet aus und die aktuelle Lage wird schwächer beurteilt.

ba Frankfurt

Finanzmarktexperten zeigen sich zur Jahresmitte zwar etwas optimistischer für die weitere konjunkturelle Entwicklung im Euroraum und dessen größter Volkswirtschaft. Die aktuelle Lage indes wird eher kritisch beäugt. Ökonomen hatten sich nach dem erneuten Anstieg des Sentix-Konjunkturindikators im Juni und den deutlichen Stimmungsaufhellungen der vergangenen Monate von den aktuellen ZEW-Barometern jedenfalls ein stärkeres Signal Richtung Aufschwung erwartet. Im Großen und Ganzen sehen sie die Aufwärtsbewegung intakt und werten die aktuelle Entwicklung als Verschnaufpause.

Der nächste Stimmungstest folgt am Freitag, wenn die vorläufigen Ergebnisse der Einkaufsmanagerumfrage für Juni veröffentlicht werden. Diese dürften eine stärkere Dynamik für die Euro-Wirtschaft im zweiten Quartal signalisieren − wobei sowohl im Euroraum als auch in Deutschland die Dienstleister wohl weiter zulegen, während die Industrie hinterherhinkt. Und auch die für kommende Woche anstehende Ifo-Umfrage sowie das GfK-Konsumklima dürften jeweils eine weitere Stimmungsaufhellung ergeben.

Das ZEW-Barometer für die Erwartungen in den kommenden sechs Monaten legte im Juni um 0,4 auf 47,5 Punkte zu. Ökonomen hatten zwar den elften Anstieg in Folge auf dem Zettel, allerdings einen neuen Wert von 50,0 Zählern prognostiziert. „Das Ergebnis ist ein klarer Dämpfer für bestehende Konjunkturhoffnungen“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Für Wachstumsoptimismus ist die Zeit weiter nicht reif.“ Das weltwirtschaftliche Umfeld habe sich zwar etwas aufgehellt, die Politik in Deutschland belaste aber unverändert. Es bleibe der Eindruck, „dass es vor allem das Krisengerede ist, dessen Analysten überdrüssig sind“, so Krüger.

EZB-Entscheidung prägt das Bild

Die aktuelle Lage bewerteten die 154 vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten Analysten und institutionellen Anleger schlechter als zuletzt: Der entsprechende Indikator rutschte um 1,5 und auf minus 73,8 Punkte. „Die Konjunkturerwartungen sowie die Lageeinschätzung für Deutschland stagnieren“, erklärte ZEW-Präsident Achim Wambach.

„Die zuletzt wieder etwas höheren Inflationsraten in Deutschland und im Euroraum dürften die Hoffnung auf eine zügige Fortsetzung der Zinssenkungen durch die EZB gedämpft haben, was die Stimmung der Börsenprofis trübt“, so das Urteil von Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank. Zudem zeige die EU-Kommission China mit den Zöllen auf E-Autos wegen der chinesischen Subventionen die gelbe Karte. „Sollte China Gegenmaßnahmen ergreifen, wäre dies Sand im ohnehin nur langsam in Gang kommenden Konjunkturgetriebe“, betonte Swonke.

Mit Blick auf die chinesische Konjunktur ergab die ZEW-Umfrage einen leichten Rückschlag, wohingegen die Zuversicht für die US-Konjunktur in den kommenden Monaten zulegte. Mit dem Anstieg der Erwartungskomponente für die US-Wirtschaft um 4,5 auf −8,5 Punkte wurde der Mai-Rückgang von 12,3 Zählern allerdings nur zum Teil wieder wettgemacht. „Kurzfristig ist das Risiko gering, dass die Belebung in der Eurozone durch eine Abschwächung der US-Konjunktur gebremst wird“, analysiert Andreas Busch, Ökonom beim Assetmanager Bantleon. Der Aufwärtstrend sei intakt, wenn er auch weiter flach verlaufe und keine kräftigen Impulse für die europäische Exportwirtschaft andeute. Im zweiten Halbjahr dürfte die Konjunkturdynamik in den USA nachlassen, „weshalb dann mit einer Konjunkturdelle in der Eurozone zu rechnen ist“.

Für die Eurowirtschaft ergab die ZEW-Umfrage einen unveränderten Lageindikator von minus 38,6 Punkten sowie einen Anstieg der Konjunkturerwartungen um 4,3 auf 51,3 Punkte und damit den höchsten Wert seit Juli 2021. Dies passe „zur allgemeinen Erwartung, dass das Wachstum im Euroraum auch in diesem Jahr erneut etwas höher ausfallen wird als in Deutschland“, sagte Christian Lips von der Nord/LB. „Für einen nachhaltigen Aufschwung fehlt es derzeit an den Grundzutaten“, ergänzt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank mit Blick auf Deutschland. Es gehe vielmehr darum, überhaupt wieder beim Wachstum nachhaltig über die 0% zu kommen. „Wachstumsraten von über 1% zeichnen sich derzeit nicht ab.“ Die Bundesregierung rechnet mit 0,3% für 2024.

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