Zutrauen in Euro-Wirtschaft sinkt

Wachstumsprognosen erneut gekappt - Unternehmensstimmung doch nicht so schlecht

Zutrauen in Euro-Wirtschaft sinkt

Das Konjunkturbild für die Eurozone trübt sich zusehends ein. Zwar ist die Unternehmensstimmung doch nicht so schlecht wie zunächst gemeldet, mehr als ein schwaches Wachstum signalisiert der Einkaufsmanagerindex jedoch nicht. Die Sorgen um die Euro-Wirtschaft spiegeln sich auch im Konjunkturtableau.ba Frankfurt – Die schwächelnde Industrie hat das Wirtschaftswachstum der Eurozone im ersten Quartal deutlich gedämpft. In Verbindung mit den aktuellen (geopolitischen) Unsicherheitsfaktoren haben zuletzt Ökonomen und Institutionen die Prognosen für die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum, aber auch für deren größte Volkswirtschaft reihenweise gesenkt. Dies zeigt sich auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung. Für dieses sammelt das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) jeden Monat die veröffentlichten Prognosen von Banken, Institutionen sowie staatlichen Einrichtungen und bestimmt daraus den Medianwert.Im Vergleich zur vorherigen Veröffentlichung von Ende Januar sind die Erwartungen an das Wachstum im Gesamtjahr 2019 ein weiteres Mal nach unten revidiert worden (vgl. BZ vom 30. Januar). So erwarten die Auguren nun ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,1 %. Zuletzt waren es 1,5 %. Im Gesamtjahr 2018 hatte die Euro-Wirtschaft 1,8 % zugelegt (siehe Tabelle). Die Prognose für 2020 für das reale BIP-Wachstum liegt nun bei 1,4 % statt zuvor bei 1,6 %.Mitte vergangener Woche hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Prognose für das laufende Jahr um 0,5 Prozentpunkte auf 1,1 % nach unten geschraubt. Die öffentlichen Banken in Deutschland erwarten statt einer Bandbreite von 1,5 bis 2,0 % nur mehr 1,0 bis 1,4 %. Die EU-Kommission erwartet ein Wachstum von 1,3 (zuvor: 1,9) %.Das erste Vierteljahr zumindest ist schon mal nicht ganz so gut gelaufen – gemessen an den finalen Daten des Einkaufsmanagerindex “dümpelte die Eurozone auch im März vor sich hin und ist im ersten Quartal mit der niedrigsten Rate seit Ende 2014 gewachsen”, wie Chris Williamson, Chefvolkswirt bei IHS Markit, kommentierte. Er erwartet ein Plus von 0,2 %. Lediglich zum Jahreswechsel, als die Wachstumsrate wegen der verbreiteten Proteste der “Gelbwesten” in Frankreich und des mit den neuen Abgasregeln konfrontierten Automobilsektors auf den tiefsten Wert seit vier Jahren absackte, hatte die Eurozone noch schlechter abgeschnitten.”Die anschließende leichte Belebung war leider nur von kurzer Dauer und ist bereits wieder verpufft, was die sich beschleunigende Talfahrt der Industrie zeigt”, so Williamson. Bei den Dienstleistern hingegen stehen die Zeichen weiter auf Wachstum, wenn auch die Dynamik ebenfalls rückläufig ist. So ist der Einkaufsmanagerindex der Industrie um 1,8 auf 47,5 Punkte im Monatsvergleich gefallen, das entsprechende Barometer der Dienstleister aber um 0,5 auf 53,3 Zähler gestiegen. Der Dienstleister und Industrie zusammenfassende Einkaufsmanagerindex PMI Composite ging zwar um 0,3 auf 51,6 Punkte zurück, in einer ersten Schätzung war aber nur ein Stand von 51,3 Zählern ermittelt worden. Werte über 50 Punkte signalisieren Wachstum. Tiefpunkt für 2019 erwartet “Positiv zu sehen ist, dass der für 2019 erwartete Tiefpunkt des Wachstums im Eurogebiet 2020 bereits überwunden sein soll”, erklärt ZEW-Experte Michael Schröder mit Blick auf das Konjunkturtableau. Es falle allerdings auf, dass für beide Jahre ein nachhaltigerer negativer Effekt auf den Arbeitsmarkt erwartet wird. Für 2019 wird aktuell eine Arbeitslosenquote von 7,9 % erwartet nach 7,7 % in der vorherigen Veröffentlichung. Für 2020 liegt die neue Prognose nun ebenfalls bei 7,9 %, also 0,4 Prozentpunkte höher als in der vorhergehenden Prognose. Im Februar lag die saisonbereinigte Arbeitslosenquote in der Eurozone bei 7,8 % – wie auch im Januar (vgl. BZ vom 2. April).Auch für die deutsche Wirtschaft wurde das prognostizierte Wachstum für 2019 ein weiteres Mal reduziert. Die Median-Prognose liegt im April mit 0,8 % um 0,2 Prozentpunkte unterhalb der vorherigen Prognose (vgl. BZ vom 26. Februar). Damit sind die im Konjunkturtableau enthaltenen Voraussagen pessimistischer als die Bundesregierung, die noch einen Wert von 1,0 % auf dem Zettel hat. Laut Reuters werden die führenden Forschungsinstitute heute eine um mehr als die Hälfte auf 0,8 % reduzierte Prognose präsentieren. Einig sind sich die Ökonomen, dass die deutsche Wirtschaft abermals langsamer wachsen wird als der Euro-Durchschnitt. Und auch die Lage am Arbeitsmarkt wird sich eintrüben: Zwar wird für 2020 immer noch ein Rückgang der Arbeitslosenquote verglichen mit 2019 vorhergesagt. Die Prognose liegt mit 4,7 % jedoch deutlich über den 3,9 %, die sich im vergangenen Monat als Median ergab, warnt Schröder.Die pessimistischeren Wachstumserwartungen schlagen sich laut Schröder auch bei den Inflationsprognosen für das Eurogebiet nieder. So reduzieren sich die Prognosen für 2019 und 2020 jeweils um 0,1 Prozentpunkte auf 1,4 % für 2019 und auf 1,6 % für 2020. Die Inflationsprognosen für Deutschland liegen mit 1,6 % sowie 1,8 % jeweils um 0,2 Prozentpunkte höher.Dass die Renditen langfristiger deutscher Staatsanleihen weiter gefallen sind und aktuell bei minus 0,04 % liegen, führt Schröder einerseits auf die schlechtere Wirtschaftslage zurück. Andererseits würden sich hier auch die Befürchtungen hinsichtlich eines harten Brexit niederschlagen.