Bevölkerungszahl in Deutschland steigt

Zuwanderer schwächen Pillenknick ab

Die niedrige Geburtenrate führt zu einer Schrumpfung der Bevölkerung. Zuwanderung kann das zwar mehr als ausgleichen. Doch der Sozialstaat braucht vor allem Erwerbstätige - und damit Beitragszahler.

Zuwanderer schwächen Pillenknick ab

Zuwanderer stabilisieren Bevölkerung

Mehr Erwerbstätige aus dem Ausland nötig zur Finanzierung des Sozialstaats

lz Frankfurt

Die Einwohnerzahl Deutschlands wird sich einer neuen Prognose zufolge bis 2045 auf 85,5 Millionen Menschen erhöhen. Davon geht das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in einer neuen Berechnung aus. Die Experten erwarten einen Zuwachs von rund 800.000 Menschen (+0,9%) im Vergleich zum Jahr 2023.

Grund dafür ist der Studie zufolge vor allem die Migration. „Ohne Zuwanderung würde die Bevölkerungszahl Deutschlands im Jahr 2045 deutlich niedriger liegen, weil die Zahl der Sterbefälle die Zahl der Geburten bei weitem übersteigen wird“, erklärte BBSR-Experte Peter Jakubowski. Seit dem „Pillenknick“ Ende der 60er Jahre ging die Geburtenrate dramatisch zurück und kann die Sterberate seit Jahrzehnten nicht mehr ausgleichen.

Das Institut geht in seiner Prognose davon aus, dass der hohe Wanderungssaldo des Jahres 2022 auf ein Niveau von 300.000 Menschen pro Jahr zwar abschmilzt, danach aber das Niveau der Zuwanderungsgewinne bis 2045 konstant bleibt.

Die Zuwanderung hält zwar die Bevölkerungszahl nahezu stabil, löst aber nicht die Probleme der Renten- und Pflegeversicherung. Die Zahl der Menschen im Rentenalter (67-Jährige und Ältere) erhöht sich dem BBSR zufolge bis 2045 bundesweit um 2,2 Millionen (+13,6%). Zugleich wird prognostiziert, dass es bis 2045 deutlich weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter geben wird.

Beitragszahler gesucht

Das Problem etwa der Rentenversicherung, die nach dem Umlageprinzip nach einem ausgewogenen Verhältnis von erwerbstätigen Beitragszahlern und von ihnen zu finanzierenden Rentnern verlangt, bleibt damit bestehen. Die sogenannte Ersatzquote sinkt der Berechnung zufolge dramatisch: Wurden Neu-Rentner im Jahr 2021 noch zumindest zu 69% durch Neu-Erwerbstätige ersetzt, geht diese Quote bis zum Jahr 2045 auf 22,9% zurück.

Um die Renten zu stabilisieren, müssen daher entweder das Rentenniveau sinken, die Beiträge steigen oder der staatliche Rentenzuschuss aus Steuermitteln erhöht werden, was jeweils politisch heikel ist. Allerdings gibt es einen weiteren Faktor, der lindernd wirken kann: die Migration. Denn der vergleichsweise niedrige Altersdurchschnitt der Zuwanderer dämpft schon einmal das Durchschnittsalter der Bevölkerung, wie das Bundesinstitut schreibt: Es steigt bis 2045 nur leicht um 0,2 Jahre auf 44,9 Jahre.

Allerdings müssen die Zuwanderer für die erhofften positiven Arbeitsmarkt- und Sozialstaatswirkungen schneller als bisher in Erwerbsarbeit gebracht werden, verlangt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie. Denn bisher, so hat Rentenexperte Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg berechnet, bezieht ein Großteil dieser Gruppe unterm Strich mehr Geld vom Staat, als dass er Steuern und Sozialbeiträge leistet. Das muss sich ändern, fordert das IW gerade mit Blick auf den großen Fachkräftemangel. Schneller in Erwerbstätigkeit zu kommen, wünschen sich also nicht nur die Migranten selber.

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