Zweifel in Portugal

Unpräzise Abkommen mit Linken blockieren Regierungswunsch der Sozialisten

Zweifel in Portugal

Die unpräzisen Abkommen mit den Parteien am linken Rand lassen in Portugal Zweifel an der Stabilität einer sozialistischen Minderheitsregierung aufkommen. Staatspräsident Silva zögert mit dem Regierungsauftrag.ths Madrid – Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva hatte auch gestern Abend, nach Treffen mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, noch nicht das Geheimnis gelüftet, ob er den Sozialisten António Costa mit der Regierungsbildung beauftragt oder doch am Konservativen Pedro Passos Coelho festhält, nachdem dieser ein Misstrauensvotum verloren hat. Costa konnte die Regierung stürzen dank eines historischen Abkommens mit den linken Parteien im Parlament. Der Vorwurf von Passos Coelho, die Sozialisten (PS) hätten als Wahlverlierer kein Anrecht auf die Macht, stößt in Lissabon kaum auf Widerhall. Am 4. Oktober stimmte eine klare Mehrheit der Portugiesen für Parteien, die eine Abkehr vom Sparkurs der letzten Jahre fordern.Was dagegen Bedenken macht, sind die recht losen und wenig verbindlichen Abkommen, die Costa mit dem linken Block (Bloco de Esquerda, BE), den Kommunisten der PCP und den Grünen getroffen hat. Die grundlegenden Unterschiede innerhalb dieses neuartigen Linksbündnisses sind erheblich. Daher wird es auch keine Koalition geben, falls der Sozialistenführer vom Staatspräsidenten grünes Licht für eine Minderheitsregierung bekommt.Costa ist trotz seiner Anti-Austeritäts-Rhetorik kein portugiesischer Tsipras. Als ehemaliger Vizepräsident des Europaparlaments bekennt er sich eindeutig zur EU und verspricht, Portugals internationale Verpflichtungen einzuhalten, auch den Konsolidierungskurs. Als recht erfolgreicher langjähriger Bürgermeister von Lissabon weiß der Sozialist schließlich, dass man schlecht mehr Geld ausgeben kann, als man hat. Er nahm der Debatte über eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Staatsschulden innerhalb seiner Partei den Wind aus den Segeln. Doch das ist genau einer der potenziellen Streitpunkte mit dem Block und der PCP, die darauf bestehen, dass man eventuell einen Teil der Schuldzahlungen aussetzen müsse. Nun hat man sich erst einmal auf eine Arbeitsgruppe zu dem Thema geeinigt.Der BE ist ein heterogenes linkes Sammelbecken, das sich mit der griechischen Syriza vergleichen lässt. Die Führerin Catarina Martins wirkt jedoch pragmatisch und flexibel. Sie schließt nicht aus, in Zukunft formell in eine Koalitionsregierung einzutreten. Die PCP hält dagegen unbeirrt an einem ultraorthodoxen Kommunismus fest, der sich schwer mit der Sozialdemokratie der PS verträgt.Die Partner haben sich zunächst einmal auf ein paar konkrete Maßnahmen verständigt. Sie wollen die Kürzungen der Gehälter im öffentlichen Dienst und der Renten zurücknehmen, die Mehrwertsteuer für das Gastgewerbe senken, den krisenbedingten Sonderaufschlag auf die Einkommensteuer abschaffen und den Mindestlohn anheben. Die Nagelprobe wird jedoch die Verabschiedung des Haushalts für 2016, der bald auf den Weg gebracht werden muss.