LEITARTIKEL

Zwischen Sorge und Panik

Es gibt keinen Anlass zur Panik, aber es gibt Anlass zur Sorge", fasste CSU-Chef Markus Söder die Lage zusammen, als er gestern in München die jüngsten Maßnahmen des Freistaates Bayern zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie vorstellte. An seiner...

Zwischen Sorge und Panik

Es gibt keinen Anlass zur Panik, aber es gibt Anlass zur Sorge”, fasste CSU-Chef Markus Söder die Lage zusammen, als er gestern in München die jüngsten Maßnahmen des Freistaates Bayern zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie vorstellte. An seiner Seite stand Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der die Bevölkerung erneut zu mehr Solidarität aufforderte. “Wir werden diese Situation bewältigen, wenn wir zusammenstehen, wenn wir besonnen bleiben und aufeinander achtgeben.” Wenig später trat auch Armin Laschet (CDU), der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, vor die Kameras und wählte drastischere Worte als sein bayerischer Kollege, um weitere Einschränkungen im Alltag anzukündigen. “Es geht um Leben und Tod – “, so einfach ist das und so schlimm.” Kurz zuvor hatten die Experten des Robert-Koch-Instituts die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland zum ersten Mal während der Corona-Pandemie als “hoch” eingestuft.Das Virus stellt die Politik vor eine ganze Reihe gewaltiger Aufgaben. Sie betreffen zuvorderst das Gesundheitssystem, das in den nächsten Wochen und Monaten auch in Deutschland einem beispiellosen Belastungstest unterzogen werden dürfte. Die in den vergangenen Tagen Zug um Zug verschärften Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens dienen vor allem dazu, die Ausbreitung der Pandemie zu bremsen und die in einigen Wochen erwarteten Belastungsspitzen in Arztpraxen und Krankenhäusern so weit zu senken, dass allen Patienten geholfen werden kann.Parallel dazu versucht die Politik alles, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise möglichst gering zu halten. Die Bundesregierung hat betroffenen Firmen erst in der vergangenen Woche de facto unbegrenzte Liquiditätshilfen zugesagt und mittlerweile auch einen Notfallfonds für kleine und mittelgroße Firmen in Aussicht gestellt. Gesunde Firmen, die wegen der Pandemie zu kränkeln beginnen, sollen sich mit Unterstützung des Staates vollständig erholen, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen. Dabei hilft auch der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld, das Bundestag und Bundesrat bereits am Freitag in Rekordgeschwindigkeit verabschiedet haben. Um erfolgreich zu sein, muss die Politik die Gesellschaft derzeit auf einem schmalen Pfad zwischen Sorge und Panik entlangführen. Denn gelingt es nicht, die berechtigte Sorge und damit verbunden auch die Notwendigkeit für Solidarität zu vermitteln, wird die Eindämmung des Virus im Sinne einer Streckung der Pandemie auf der Zeitachse nicht gelingen. Rutschen Teile der Bevölkerung dagegen in einen Panikzustand ab, schwinden nicht nur die Handlungsspielräume für eine koordinierte Bekämpfung der Pandemie. Panikreaktionen zum Beispiel vor dem Einkaufsregal oder am Geldautomaten würden auch zusätzliche Unsicherheiten mit sich bringen, die die Begrenzung der wirtschaftlichen Folgeschäden weiter erschweren würden.Stand heute darf man den maßgeblichen politischen Akteuren hierzulande attestieren, dass sie die Gesellschaft in einer Ausnahmesituation klug auf dem Pfad zwischen Sorge und Panik manövriert haben. Es gibt zwar Experten, die sich wünschen, dass die Bundesregierung schon vor Wochen deutlicheren Corona-Alarm geschlagen hätte, um das Virus früher zu bremsen. Nicht immer sind diese Experten aber auch so ehrlich, einzugestehen, dass ihre Handlungsempfehlungen heute auf Daten beruhen, die so vor Wochen noch nicht belastbar vorgelegen haben. Das Vertrauen, das sich die Bundesregierung in dieser Krise auch damit verdient hat, dass sie von Anfang an transparent machte, was man über den weiteren Verlauf der Pandemie noch nicht sicher weiß, wird ihr in den nächsten Wochen und Monaten zugute kommen.——Von Stefan ParaviciniDie Sorgen über die Folgen der Corona-Pandemie wachsen. Um die Auswirkungen zu dämpfen, muss die Politik das Abrutschen in eine Panik vermeiden.——