Global Wafers

Abschreckend

Die abgelehnte Übernahme von Siltronic ist ein fatales Signal für den Investitionsstandort Deutschland. Weniger die Tatsache an sich irritiert, sondern wie es dazu gekommen ist.

Abschreckend

Robert Habeck geht seine Aufgabe als Bundeswirtschaftsminister mit Elan an. Bis Ostern soll sein Sofortprogramm für einen zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien stehen. Auch die Förderung für energieeffiziente Gebäude treibt den Politiker der Grünen nach dem Stopp des KfW-Kreditprogramms um. Aber was war mit dem Thema Global Wafers/Siltronic? Hatte er für das Übernahmebegehren des taiwanischen Konzerns keine Zeit oder war ihm eine Auseinandersetzung damit zu kleinteilig? Darf die Prüfung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach der Außenwirtschaftsverordnung nur ein Verwaltungsverfahren sein, wie es das Ministerium darstellt?

Es ließ die am 31. Januar zu Ende gegangene Frist für den Vollzug der Übernahme verstreichen, ohne Gründe für die indirekte Ablehnung zu nennen, und berief sich nur auf Formales. Das ist ein fatales Signal für den Investitionsstandort Deutschland. Der Konzernchefin von Global Wafers wurde offenbar erst spät ein Gesprächstermin gewährt. Beides wirkt überheblich und abschreckend. Wenn es Bedenken hinsichtlich sicherheitskritischer Sektoren wie der Halbleiterindustrie gibt, müssen diese transparent gemacht werden. Andernfalls bleiben sie diffus.

Zudem spricht einiges dafür, dass es für den Technologiestandort Deutschland die falsche Entscheidung ist, die Übernahme des Münchner Wafer-Herstellers Siltronic zu verhindern. Gemeinsam hätten die taiwanische Nummer 3 und die deutsche Nummer 4 im Weltmarkt ihre Stärken besser ausspielen und zum japanischen Weltmarktführer Shin-Etsu aufschließen können. Skaleneffekte sind in der Branche wesentlich – von der Forschung und Entwicklung bis zur Fertigung. Damit würden auch die deutschen Standorte von Siltronic in Oberbayern und Sachsen gestärkt. Global Wafers sagte eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2024 zu, Burghausen sollte das Technologie- und Forschungszentrum von Siltronic bleiben.

Gewiss, die weitere Zukunft ist offen. Aber das gilt für jedes Szenario. Ein Technologietransfer nach Taiwan wäre unwahrscheinlich gewesen. Global Wafers und Siltronic gehören zu den führenden Unternehmen der Branche. Entscheidend sind die Mitarbeiter mit ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und ihren Fähigkeiten. Die ganze Belegschaft ließe sich nicht verlagern – wohin auch immer. Um solche Befürchtungen zu zerstreuen, bot Global Wafers dem Bund ein Sonderstimmrecht mit einer goldenen Aktie an. Zudem war das Unternehmen bereit, die Forderung aus Berlin nach einer Rückabwicklung der Übernahme zu erfüllen. Das zeigt: Global Wafers plante langfristig mit den deutschen Standorten. Übrigens geht es hierzulande ohnehin kaum mehr um einen Ausbau. Siltronic lässt gerade ein neues Werk am Unternehmensstandort in Singapur bauen.

Freilich wären nach einer Übernahme die Richtungsentscheidungen künftig in Taiwan getroffen worden – vielleicht auch, wenn wie derzeit Engpässe in der Versorgung mit den Siliziumscheiben (Wafer) für die Halbleiterhersteller zu überwinden sind. Von den fünf großen Unternehmen der Branche sind vier in Asien. Das ist ein Risiko. Mit langlaufenden Verträgen können sich die Kunden aber zumindest zum Teil absichern.

Nach der indirekt abgelehnten Übernahme stellt sich nicht nur die Frage, wie es mit Siltronic weitergeht, sondern auch, ob die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Taiwan wegen des undiplomatischen Vorgehens einen Knacks bekommen. Es ist erst ein gutes Jahr her, dass Habecks Vorgänger Peter Altmaier (CDU) in einem Schreiben an Taiwans Regierung um Hilfe wegen der Chipknappheit bat, die besonders die deutsche Autoindustrie trifft. Der Inselstaat ist nach China der wichtigste Halbleiterproduzent der Welt, der taiwanische Hersteller TSMC global der größte Auftragsfertiger. Das Thema Siltronic dürfte in dem Land genau beobachtet worden sein.

Global Wafers hat jedenfalls schon angedeutet, nun außerhalb Europas zu investieren. Dabei kann der EU die angestrebte Stärkung ihrer Halbleiterindustrie nur gelingen, wenn auch asiatische und amerikanische Unternehmen hier investieren. Für Siltronic muss die gescheiterte Übernahme vorerst kein Nachteil sein, denn das Geschäft läuft glänzend. Doch es kommen andere Zeiten, in denen ein Ankeraktionär von Vorteil wäre. Wacker Chemie wird es nicht mehr sein, denn der einstige Mutterkonzern hält an seinem Rückzug fest. Ein besser passender Kandidat als Global Wafers wird kaum zu finden sein – erst recht nicht nach dem abschreckenden Verhalten des Bundeswirtschaftsministeriums.

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